Die Sonntagsfrage

Was können Verlage fürs Gutenberg-Museum tun, Herr Sölter?

4. September 2022
Redaktion Börsenblatt

Ulf Sölter, seit 1. April neuer Direktor des Gutenberg-Museums in Mainz, hat eine engere Zusammenarbeit mit Verlagen und der Frankfurter Buchmesse angekündigt. Dabei muss Sölter jetzt erstmal raus aus dem alten Haus und ins Naturhistorische Museum, wo nur zehn Prozent der Ausstellungsfläche zur Verfügung stehen. Wie er sich die Kooperation mit der Buchbranche vorstellt und wie die Umzugspläne sich entwickeln, erklärt er in der Sonntagsfrage.  

Ich bin nun gut fünf Monate im Amt, der Zeitplan ist sportlich. Das Team des Gutenberg-Museums tut alles dafür, dass der Umzug in das Interim im vorgegebenen Zeitrahmen erfolgen kann. Da liegt noch viel Arbeit vor uns. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir diese große Aufgabe gemeinsam bewältigen können. Das Museum soll sich freilich nicht nur baulich verändern. Es geht um eine Weiterentwicklung und Professionalisierung durch alle Arbeitsbereiche, um dem Anspruch, ein Weltmuseum der Druckkunst zu sein, zu entsprechen.

Welche Pläne haben Sie für das Gutenberg-Museum?

Es gibt viel Nachholbedarf im Museum. Eines der größten Projekte, das wir bereits jetzt vorbereiten, betrifft die dringend notwendige Dokumentation der Sammlung. Hier steht das Museum ganz am Anfang. Einmal im Interim angekommen, müssen wir parallel eine Digitalisierungs- und Dokumentationskampagne realisieren. Eine logistische Herausforderung, wenn man bedenkt, dass die eigenen Sammlungen in weiten Teilen ausgelagert sind.

Wie kann die Zusammenarbeit mit Verlagen aussehen?

Das Gutenberg-Museum arbeitet seit langem eng mit Verlagen zusammen. Insbesondere die Minipressen-Messe, also die Buchmesse der kleinen Verlage, sowie die Vergabe des V.O. Stomps-Preises für die herausragende Arbeit kleinverlegerischer Tätigkeit, die wir alle zwei Jahre veranstalten, dokumentieren diese Zusammenarbeit. Hier freuen wir uns auch während des Interims über Vorschläge und Bewerbungen.

Schon seit vielen Jahren ist das Gutenberg-Museum auf den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig mit einem eigenen Stand vertreten. Langfristig möchte ich die Chancen, die sich für uns aus der Nähe zur Verlagsstadt Frankfurt ergeben, besser nutzen. Wenn der Neubau des Gutenberg-Museums steht, soll das Museum noch stärker als ein Ort für Lesungen und andere Veranstaltungsformate genutzt werden.

Was interessiert das Publikum?

Das Gutenberg-Museum begeistert durch verschiedene Highlights: Sie können die original Gutenberg-Bibeln, die einen Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte markieren, bei uns erleben. Ein ganz wichtiges Element des Museums ist darüber hinaus, dass wir die weltbedeutende Erfindung des Mannes, dem unser Haus gewidmet ist, unserem Publikum stündlich in lehrreichen, wie auch unterhaltsamen Druckvorführungen näher bringen. Der eindrucksvolle Prozess ist mit allen Sinnen erlebbar.

Ich bin davon überzeugt, dass Museen nahezu alle Themen und Exponate vermitteln können. Nicht immer geht es dabei um Superlative. Es ist vor allem die Frage des „wie“ und nicht nur des „was“. Museen müssen ihre Nutzerinnen und Nutzer so abholen, dass ein leichter Zugang zu den Exponaten möglich ist. Dann ist das Interesse des Publikums geweckt.

Wie sollen die Besucherzahlen steigen, wo doch der Umzug ansteht?

Die Eröffnung der Ausstellung im Interim planen wir für Anfang 2024. In erster Linie geht es darum, dass das Gutenberg-Museum als wichtiger Player in der Mainzer Kulturlandschaft erhalten bleibt. Eine temporäre Schließung galt es unbedingt zu verhindern. Die Mainzerinnen und Mainzer, wie auch die zahlreichen Gäste aus aller Welt, sollen die Möglichkeit haben, das Museum während der Bauphase besuchen zu können. Wir nutzen im Interim die Chance, die Präsentation ausgewählter Werke unserer herausragenden Sammlungen so in Szene zu setzen, dass die Besucherinnen und Besucher besser verstehen, welche besondere Bedeutung die Objekte in ihrer Entstehungszeit hatten. Die Faszination, die Schönheit und die hohe Qualität, die von den Exponaten ausgeht, sollen erfahrbar sein. Es gibt also gute Gründe, die „schlanke Version“ des Gutenberg-Museums im Interim zu besuchen.

Gibt es schon Pläne für den Neubau, der 2026 an alter Stelle bezogen werden soll?

Anfang Oktober – also in gut einem Monat – findet das Preisgericht zusammen, um über die eingereichten Entwürfe zu entscheiden. Eine großartige Chance für die Stadt Mainz, sich auf einen Neubau zu einigen, der den heutigen Erwartungen an Kulturbauten entspricht.

Nachhaltigkeit und die baulich sichtbare Öffnung von Kulturbauten zur Stadtgesellschaft sind Themen, die bei der Entscheidungsfindung eine große Rolle spielen werden. Mir persönlich ist vor allem die Transparenz des Prozesses der Entscheidungsfindung ein großes Anliegen. Insbesondere die Mainzer Stadtgesellschaft soll verstehen, wieso sich das Gremium für den Siegerentwurf entschieden hat.