Jahrestagung der IG Ratgeber

Manchmal macht's ein großer Bücherstapel

7. June 2024
Matthias Glatthor

Die IG Ratgeber hatte für ihre Jahrestagung auf den Fokustagen am Donnerstag ein schönes Programm mit informativen Praxisthemen zusammengestellt. So konnten die Zuhörer:innen im Saal viele Anregungen mitnehmen. Dabei spielte auch ein Müsliriegel eine Rolle.

Autorin Ilona Einwohlt und Michael Zirn (frechverlag)

"Die Minuszahlen überwiegen gerade, aber es positive Signale", schloss Michael Zirn (frechverlag), Co-Sprecher der IG Ratgeber, seinen Marktüberblick. Um die positiven Signale zu verstärken, haben sich die Ratgeber-Verlage einiges ausgedacht – so startete etwa Anfang des Jahres die Social-Media-Kampagne #WissenWiesGeht. Julia Graff, Verlegerin des Hädecke Verlags, informierte das Publikum im gut gefüllten Saal im Frankfurter Haus des Buches über den aktuellen Stand des Projekts.

Graff wünscht sich Rückmeldungen oder Wünsche zur Kampagne, um diese verbessern zu können: "Wir sind für Input offen, können justieren, Sachen anpassen." Genutzt würde das Angebot insbesondere auf Instagram und Facebook. Der Themenplan sei gut angenommen worden, die Frequenz müsse aber deutlich erhöht werden für eine bessere Sichtbarkeit, so Graff. Der Hashtag sei noch zu wenig bekannt. Weitere Problemstellen seien: Länge, Ausspielung, Interaktion. 

Wie geht es weiter? Im Nachgang der Tagung will man Rückmeldungen, die wie gesagt extrem wichtig sind, sammeln, um nach einer Sommerpause wieder zu starten. Der Themenplan werde dann zudem in Ausrichtung auf die Buchmesse anders frequentiert.

Diese Ideen präsentierte Julia Graff auf der Folie "Ausblick" – im Wortlaut:

  • Meet-up am Gemeinschaftsstand?
    Ein Meet-up für alle Beteiligten im Rahmen der Frankfurter Buchmesse kann nicht nur dem Austausch sondern auch der Außenwirksamkeit dienen.
  • Kollaborationen?
    Was ist hier noch denkbar und möglich? Stichworte Blogger/Influencer/LovelyBooks...
  • Mehr Interaktionen?
    Umfragen, Gewinnspiele, Q&A-Sessions zu Ratgeberthemen...
  • Cross-Posting?
    Weitere Kanäle, auch z.B. den Unternehmensblog oder Newsletter mit einbeziehen.

Rückmeldungen und weitere Ideen können per Mail an Julia Graff (julia.graff@haedecke-verlag.de) oder Nicole Schindler (nschindler@ulmer.de), Co-Sprecherin der IG Ratgeber, gesendet werden.

Jahrestagung der IG Ratgeber: Karin Senft stellt die New Adult-Aktionen bei Bücher Pustet vor

Pustet experimentiert mit New Adult

Wie schafft man es, dass sich New Adult-Leute weiter in der Buchhandlung umsehen? Diese Frage stellte sich Bücher Pustet – und begann auszuprobieren. Karin Senft (Bücher Pustet), Co-Sprecherin Sprecherin der IG Ratgeber, erzählte, wie es der Filialist umgesetzt hat. Die Idee dazu kam übrigens aus der IG Ratgeber.

In einzelnen Filialen hat man New Adult- und andere Ratgeber-Titel kombiniert und unterschiedlich präsentiert: auf einem Tisch in der Nähe des New Adult-Regals, auf einem Tisch im Eingangsbereich, in einem Schaufenster oder weit weg von der Abteilung vor der Kasse. Bei letzterem habe man "wüst durcheinandergelegt" und das beste Ergebnis erzielt.

Zudem hatte man zusammen mit Kosmos eine Out-of-home-Kampagne aufgelegt mit Screen-Werbung im Einkaufszentrum und Bussen in Ansbach. Begleitet wurde diese mit Bücher-Stapeln an der Kasse. Auch in anderen Filialen hat man von den Titeln große Mengen ausgelegt – und siehe da, nur unwesentlich weniger verkauft. Der Stapel bei wenigen, ausgewählten Titeln hilft also auch.

Wo sind die neuen Zielgruppen?

Mit "New Advice" war das Gespräch zwischen Michael Zirn und Autorin Ilona Einwohlt überschrieben, deren neues Buch "Einfach losschreiben", ein Schreibratgeber für eine jüngere Zielgruppe, zur Buchmesse bei One erscheint.

Komme mit New Adult und Young Adult eine neue Zielgruppe, wollte Zirn wissen. Einwohlt sieht das nicht unbedingt so. Auch früher hätten sich Verlage, wie etwa Arena, gefragt, wie man junge Leute erreicht. Aber heute sei es natürlich Social-Media-getrieben. "Mental Health" sei ein großes Thema, so Einwohlt, die betonte, dass Ratgeber-Verlage darauf achten müssten, ihre Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren. Einfachere, kürzere Texte seien nicht die Lösung. Auf Social Media seien viele "selbsternannte Gurus" unterwegs. New Adult sei oftmals "spicy", würde Rollenklischees und Stereotype verwenden – aber andererseits werde ganz viel Liebe und Gemeinschaft propagiert.

Insgesamt seien die jungen Leute ernster und spaßfreier geworden, meint Einwohlt, ein Stück Freud am Experimentieren sei verloren gegangen. Und momentan fehle es an positiven Lebensentwürfen.

Der Müsliriegel zum Buch

Das letzte Thema des Tages lautete "We Creators zu Autor:innen werden"Nicole Schindler und Karin Senft tauschten sich mit Regina Denk von weCreate Books und Claudia Graßl (Alexander Herrmann Vertrieb und Beratung, München) aus. Denks Verlag, der Creators zu Buch-Autoren machen will, wurde Anfang 2024 gegründet, das erste Programm kommt im Herbst. Romane, Ratgeber, Kochbuch oder Sachbuch, "wir müssen die ganzen Genres bedienen", sagte Denk. Wenn man nur Sachbuch machen würde, wäre das Verlagsmodell in zwei Jahren am Ende. Erfreulich: Die Creators wollen laut Denk unbedingt in den Buchhandel, wollen signieren, Lesungen halten, wollen angefasst werden. 

Begleitend zu den Büchern will man andere Produkte vorlegen: Podcast, Blog, Video, Spiele, diverse Merch wie T-Shirts oder einen Müsliriegel. Damit sei natürlich ein Riesenaufwand verbunden, erläuterte Denk, auch die Betreuung der Creators sei unfassbar aufwendig. Diese seien es gewohnt, Hoheit über ihren Kanal zu haben. Mitsprache sei daher bei Buchprojekten für sie wichtig – etwa bei der Cover-Gestaltung. Hier sei "beratendes Annähern" das probate Mittel.

Trends setze man nicht, die Creators hätten alle schon eine Botschaft und bewiesen, dass sie auf Resonanz treffen. Und Tempo sei in dem schnelllebigen Bereich angesagt. "Man muss den Moment abpassen, wo sie wollen". Bei der Auswahl geeigneter Creators seien nicht so sehr die Followerzahlen, sondern viele andere Kriterien ausschlaggebend (Alter; welche Interessen haben sie sonst noch). Beim Marketing sei die Community, Werbung in der Community wichtig, fügte Claudia Graßl an, die sich um den Vertrieb von weCreate Books kümmern wird.

Fazit: Die drei Veranstaltungen der IG Ratgeber boten tolle Praxisbespiele und Anregungen. Man müsse regelmäßig über den Tellerrand schauen, was sich verändert und sich fragen, "bleiben wir mit unseren Produkten relevant", hieß es aus dem Publikum. Oder selbst als Verlag so attraktiv sein, das Autor:innen bei einem veröffentlichen wollen.