Verlagsförderung für unabhängige Verlage

Kohle-Kompromiss

11. Oktober 2018
Redaktion Börsenblatt
Der Ruf der Indies nach Verlagsförderung ist erhört worden, Kulturstaatsministerin Monika Grütters kündigt einen „Deutschen Verlagspreis“ an. Aber ändert der unverhoffte Geldsegen etwas an der oft kleinherzigen deutschen Fördermentalität?

Unter dem Motto „Climate Change – Wie sieht die Buchkultur von morgen aus?“ diskutierten im Rahmen des Frankfurter Literaturfestivals Open Books die Verleger Christoph Links (Chr. Links Verlag), Daniela Seel (Kookbooks) und Axel von Ernst (Lilienfeld) mit Kyra Dreher vom Börsenverein über Verlagsförderung und Literaturpolitik in Deutschland. Die Insolvenz von Stroemfeld, die Krise bei Klöpfer & Meyer, die Erhöhung des Portos für Büchersendungen durch die Deutsche Post, dazu eine beschlossene Änderung des Urheberrechts in Bildung und Wissenschaft und eine deutsche Monopolkommission, die die Buchpreisbindung für überflüssig hält - es läuft gerade nicht so gut für kleinere unabhängige Verlage, die unter drei Millionen Jahresumsatz machen – und das ist das Gros der rund 1700 im Börsenverein organisierten Firmen. Das viele noch deutlich unter dieser Marke rangieren, ist bekannt. Über eine Durchschnittsrendite von 1,6 Prozent lacht man in anderen Branchen. Wieso ist der Wind gerade jetzt rauer geworden, hat sich das Klima gewandelt?

Da ist zum einen der einigermaßen dramatische Rückgang der Zahl der Buchkäufer, wie er in der vom Börsenverein beauftragten GfK-Studie offenbar wurde. Stichwort: geändertes Freizeitverhalten. Und da ist zum anderen die seit zwei Jahren ausbleibende Beteiligung an den VG-Wort-Ausschüttungen, respektive Nachzahlungen – für einen Verlag wie den von Christoph Links (10 Mitarbeiterinnen mit kleinen Gehältern unter Tarif, 50 Novitäten pro Jahr, 1,5 Millionen Umsatz) klafft da schnell ein Loch von 10.000 Euro – Geld, das nun nicht in neue Projekte fließen kann. Mit der „Düsseldorfer Erklärung“ vom Februar und dem von Klöpfer & Meyer-Autoren auf den Weg gebrachten „Tübinger Memorandum“ wurde die Forderung nach einer sinnvollen Verlagsförderung lauter – damit die Vielfalt der Verlagslandschaft erhalten bleibt.

Gestern, am Tag der Podiumsdiskussion im Frankfurter Historischen Museum, wurde nun bekannt, dass Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, einen „Deutschen Verlagspreis“ einführen will. Dass ein solcher Preis kommt, hatte sich bereits nach einer von der Fraktion Die Linke auf den Weg gebrachten Anhörung zum Thema Verlagsförderung Mitte Juni angedeutet, an der auch Vertreter des Grütters-Ressorts teilnahmen. Im Anschluss gab es Gespräche mit Börsenverein und Kurt-Wolff-Stiftung. Der Deutsche Verlagspreis soll aus Spitzenpreisen sowie einer mittleren zweistelligen Zahl von Förderpreisen bestehen. Sein Gesamtbudget sollte mindestens so hoch liegen wie bei seinem Vorbild, dem Deutschen Buchhandlungspreis. Dieser wird mit einer Million Euro pro Jahr gefördert.

Eine hübsche Stange Geld. Axel von Ernst bezweifelt indes, dass sie den einzelnen Verlagen langfristig „Entspannung“ bringt. Der mit 20.000 Euro dotierte neue Verlagspreis Nordrhein-Westfalen, den Lilienfeld letztes Jahr erhielt, reiche „für zwei hochwertige Bücher“. Also mehr Geld? Eine größere Gießkanne? Auf dem Podium wünschte man sich, ohne allzu sehr ins Detail zu gehen, eher „kreative“ Förderlösungen. „Man muss grundlegend an die Fördermentalität ran“, wünscht sich etwa Daniela Seel; zwar gebe es in Deutschland eine breite literarische Förderung, die aber oft „super kleinteilig“ angelegt sei. Wenn man „Verlegen als künstlerisches Projekt“ (so auch der Titel der von der Kunststiftung Nordrhein-Westfalen initiierten Düsseldorfer Tagung) versteht – wieso ermöglicht man Verlegerinnen dann nicht den Zugang zur Künstlersozialkasse? Für einen klugen Pragmatiker wie Christoph Links ist die Düsseldorfer Forderung nach einer „Bundeszentrale für literarische Bildung“ ein hübscher Guerilla-Gag. Er wünscht sich stattdessen, „dass in den Erhalt der Kulturtechnik Lesen investiert wird“.