Ausgerechnet im Weihnachtsgeschäft gab es einen Engpass mit Tonieboxen und einige lange Gesichter bei Kunden und Händlern. Auch bei meiner kleinen Nichte. Wie konnte das passieren?
Dazu muss ich weiter ausholen: Anfang 2017 bis in den Sommer haben wir mit permanenter Planung verbracht und uns permanent mit der Frage beschäftigt: Wie viele Boxen können wir verkaufen? In Gesprächen mit unseren Key Accountern haben wir diese Zahl immer wieder nach oben angepasst. 70.000 empfanden wir am Anfang des Jahres als eher optimistische Planung. Man darf nicht vergessen: Vor allem bei neuen, innovativen Produkten wie unserem besteht ein hohes unternehmerisches Risiko: Man muss im Mai ordern, ohne zu wissen, was man am Ende verkaufen wird und alles vorfinanzieren. Wir sind stark ins Risiko gegangen, da wir natürlich an unser Produkt glauben, aber es gibt selbstverständlich auch einen Grenzbereich! Wahrscheinlich waren nicht nur wir, sondern auch alle Händler, davon überrascht, wie extrem nachgefragt die Toniebox im Weihnachtsgeschäft war. Das ist toll, konnte man aber in dieser Form wirklich nicht antizipieren.
Konnten Sie trotzdem ein paar Tage ausspannen?
Weihnachten war im Übrigen in der Tat relativ entspannt ... wenngleich es natürlich nicht leicht fällt, einmal komplett abzuschalten. Dafür ist unsere Entwicklung im Moment viel zu dynamisch. Sicherlich wäre es ganz gut, ein paar Tage Abstand zu finden, aber irgendwie möchte man das auch gar nicht, weil die Tonies einfach viel zu viel Spaß machen. Einen großartigen Job hat über Weihnachten unser Customer-Care-Team gemacht, die rund um die Uhr Anfragen unserer Kunden beantwortet haben ... großartig!
Wie genau konnte es zum Engpass kommen?
Nach einem sehr erfolgreichen Ostergeschäft haben wir die Zahlen noch einmal deutlich nach oben angepasst. Ab Anfang Oktober ist die Nachfrage dann plötzlich explodiert Da wir aber für die Tonieboxen eine Vorlaufzeit von ca. 16 Wochen haben, gibt es ab einem gewissen Zeitpunkt keine Möglichkeit mehr die Produktionszahlen stark nach oben anzupassen. Wir haben alles Mögliche getan, um die Situation wenigstens noch ein wenig zu verbessern. Zum einen haben wir zeitkritische Komponenten auf dem „Spotmarket“ teuer eingekauft, um höhere Stückzahlen herzustellen. Zum anderen haben wir zugunsten des Handels über unseren eigenen Online-Shop bereits vier Wochen vor Weihnachten keine Tonieboxen mehr verkauft, als auch unseren eigenen Amazon-Marketplace leerm laufen lassen. Ebenfalls haben wir so viel wie möglich via Luftfracht transportiert, um die Lieferzeiten deutlich zu verkürzen. Aber wie gesagt, es gibt Grenzen des Machbaren. Ein Buchhändler berichtete uns, dass dessen Telefon nicht mehr stillstand, nachdem auf Facebook die Runde machte, dass er noch über eine hellblaue Toniebox verfügt. Das veranschaulicht ganz schön, wie nachgefragt unser Produkt im Moment ist. Bereits im Weihnachtsgeschäft haben wir reagiert und die Planungen für 2018 noch einmal angepasst, in einigen Wochen haben wir den Rückstand endlich aufgeholt.
Wo produzieren Sie die Boxen?
Den Stoff wird für uns in Weißbach maßgefertigt und als Meterware nach Tunesien verschifft und dort genäht. Von dort geht es weiter nach China, wo unser Produktionspartner die Elektronik fertigt und die Toniebox komplett montiert. Als fertig verpacktes Starterset wird sie dann nach Deutschland in unser Lager versandt.
Toller Artikel - leider versäumt Ihr vorzustellen, was die Toniebox überhaupt ist. Ab und zu verpasst der Leser auch einen Hype...
Gut wir haben hier ein qualitativ sehr hochwertiges Produkt, das steht ausser Frage. Doch erschließt sich mir, sowohl als Vater wie Buchhändler der Sinn nicht wirklich.
Warum muss ich als Vater meinem Kind eine Toniebox für rd. 80€ und verschiedene Tonies für je ca. 15€ kaufen? Eine kleine Kompaktanlage gibt es schon ab 50€ und die Hörspiele gibt es als CDs, für 5-8€.
Ja, nun rufen alle: "Aber CDs zerkratzen, bla, bla, bla...!" Also meine Tochter und auch die Kinder im Freundeskreis, haben von Anfang an gelernt, sorgsam damit umzugehen.
Außerdem ist mir und jetzt kommt der Buchhändler raus, im Weihnachtsgeschäft sauer aufgestoßen, dass die Boxen und Figuren bei Müller und Amazon zu Preisen in den (virtuellen) Regalen standen, zu denen wir hätten einkaufen müssen.
Man muss nicht jeden Hype mitmachen! Mit dem entsprechenden Selbstbewustsein und der Fähigkeit zum Kundenkommunikation, haben wir einen Bomben Kinderhörbuch-Umsatz im Weihnachtsgeschäft hingelegt!
Umso verheerender verlief ein Gespräch mit einem Außendienstmitarbeiter der Firma Boxine, den ich irgendwann dann doch an die Leitung bekommen habe: auf Mails könne natürlich nicht geantwortet werden, da die Mitarbeiter mit vier Wochen Verzug an der Bearbeitung der Bestellungen säßen (von denen jedem Besteller dann nur kleine Kontingente zugewiesen wurden). Die Inhalte der Mails würden nicht mehr gelesen, geschweige denn darauf geantwortet. Das zu erfahren war interessant ... Ein kleines Entgegenkommen für den sehr zeitaufwändigen Einsatz für die Tonies (Kunden-Wartelisten mussten durchtelefoniert werden, wobei einige Kunden sehr verärgert reagierten, weil die von der Firma eigentlich noch versprochene letzte Lieferung Weihnachten nur unvollständig kam) blieb aus. Was blieb war die Unklarheit, ob Bestellungen nun vorgemerkt waren oder nicht, was zu einem Bestellchaos in unserer Warenwirtschaft und zu einem Wust unbeantworteter Mail führte - bis heute. Der Außendienstmitarbeiter verkündete im Laufe des Gesprächs noch, er sei eh nicht mehr zuständig für unser Gebiet, ob sich die Kollegin denn noch nicht bei uns gemeldet habe? Nein hat sie nicht. Auch hier gilt: bis heute nicht. Eine Form der Entschädigung, ein kleines Zeichen, dass wir als Buchhandel allen Hindernissen zum Trotz unermüdlichen Einsatz für das neue Produkt gezeigt haben: Fehlanzeige! Ein eigens für die Tonies gebautes Regal - der Aufsteller der Firma konnte aufgrund der Platzverhältnisse nicht verwendete werden - war durch die neue Verpackung der Tonies nicht mehr nutzbar, was der Boxine-Mitarbeiter lediglich mit dem Satz "das ist aber nun wirklich nicht unser Problem" kommentierte.
Ich bleibe dabei: das Produkt "Tonies" ist toll. Das Unternehmen Boxine hingegen muss noch viel lernen, um auf Dauer auf dem Markt bestehen zu wollen!
Als die Boxen vor Weihnachten ausverkauft waren, bekamen wir eine Mail mit Entschuldigungen und der Vertröstung, ab 2. Januar wieder bestellen zu können. Da saß ich also am 2. Januar und füllte gleich nach Arbeitsbeginn das Bestellfax aus (übrigens eine sehr altmodische Bestellweise für so eine moderne Firma). Natürlich hatte ich da schon diverse Vorbestellungen seitens der Kunden laufen. In der Woche vom 22. Januar bekamen wir dann prompt Kundenreklamationen. Bei Mediamarkt und Müller waren die Boxen teils in rauhen Mengen vorhanden. Warum wir denn immer noch keine Lieferung hätten? Sogar im Online-Shop bei Boxine seien diese schon wieder erhältlich. Ein Anruf beim "Kundendienst" ergab, dass bis dato erst die Bestellungen vom 1. Januar bearbeitet seien - drei Wochen später! - und dass niemand genau sagen könne, ob meine "verspätete" Bestellung überhaupt noch bedient werden könne. Tja, leider arbeite ich in einer kleinen Buchhandlung, in der am 1. Januar (gesetzlicher Feiertag!) niemand gearbeitet hat und meine Bestellung faxen konnte. Immerhin: im Online-Shop sei eh nur ein kleines Kontingent und wenn dieses abverkauft wäre, seien die Boxen nur noch über den Handel erhältlich. Hm. Trotzdem: keiner konnte mir sagen, ob wir überhaupt jemals in den Genuss kämen.
Ein Teil der Bestellung wurde dann immerhin bearbeitet und auch geliefert, der größte Teil allerdings kommentarlos gestrichen.
Für den kompletten Monat Februar erhielten wir dann ein Kontingent von 8 (!) Boxen zugesprochen, welches heute am 14. Februar schon wieder komplett abverkauft ist.
Aufgrund der Tatsache, dass MediaMarkt, Müller und andere große Händler weit vor uns Buchhändlern beliefert wurde und dann auch noch in wesentlich größeren Stückzahlen, bleibt ein wirklich schlechter Geschmack zurück.
Hinzu kommt jetzt noch, dass im März schon wieder neue Figuren auf den Markt kommen. An sich finde ich es toll, dass sich die Toniebox so gut etabliert hat. Ich würde Informationen über Neuerscheinungen aber gerne direkt vom Handelspartner erfahren und nicht von meinen Kunden. Die Reklamation vom "Kundendienst" ergab: aha - auf der Startseite der Tonie-Homepage gibt es ein pdf, wo dieses vermerkt sei.
Ich finde die Produkte der Firma Boxine sehr sympathisch und auch gut verkäuflich. Das Geschäftsgebaren allerdings wirkt allerdings alles andere als professionell!