Spezialist für psychologische Themen: der PAL Verlag

Vom Fach

31. August 2017
von Börsenblatt
Depressionen, Alkoholismus, Ängste: Mit seinen Ratgebern hat der PAL Verlag vor mehr als 30 Jahren eine Marktlücke besetzt. Umsatzträger sind heute vor allem die beliebten "Lebensfreude-Kalender".

Bäume, so weit das Auge reicht: Der Blick vom Verlagssitz in Mannheim fällt auf das beruhigende Grün des Luisenparks. Bilder und Kunstwerke hängen an den Wänden. Manche von ihnen scheinen sich unter dem Blick des Betrachters zu verändern. In der Villa wird nicht nur das Ratgeberprogramm verwaltet, mit dem das Verlegerduo dazu beigetragen hat, die Bibliotherapie in Deutschland salonfähig zu machen. Die ruhige Arbeits­atmosphäre kommt auch der psychologischen Praxis zugute, die Verlegerin Doris Wolf hier nach wie vor betreibt. Ihr Mann, Rolf Merkle, hat den Therapeutenberuf schon vor vielen Jahren an den Nagel gehängt. Im Verlag ist zu viel zu tun. "Alleine würde es nicht gehen", bestätigt Merkle.

Kennengelernt haben sich die beiden während des Psychologiestudiums in Mannheim. Nach einer verhaltenstherapeutischen Ausbildung in den USA brachten sie 1981 auch die Idee für fundierte Selbsthilfe-Ratgeber mit zurück nach Deutschland. Das erste Buch des Verlags schrieb Merkle selbst, "um den Menschen ein Gefühl dafür zu geben, was eine Therapie ist", sagt er. Vor allem bei Männern sei das Thema zu dieser Zeit noch sehr schambehaftet gewesen. Später kamen Titel von Kollegen hinzu, denen sie zunächst einmal "das Fachchinesisch aberziehen" musste, wie Wolf sagt. Keine leichte Aufgabe.

Beim Klinkenputzen im Sortiment stellten die Verleger dann fest: Die Buchhändler wollten die Titel nicht frontal präsentieren, oft auch nicht ins Regal stellen. Wofür gibt es schließlich die Barsortimente? "Wir waren so blauäugig", sagt Merkle lachend. Learning by doing war angesagt – doch nicht nur durch Lernfähigkeit konnte sich der PAL Verlag etablieren, sondern auch durch innovative Projekte. Noch vor der Jahrtausendwende baute der technikaffine Verleger eine Webpräsenz auf, angereichert durch psychologische Selbsttests, Artikel, Videoclips.

Bestseller des Verlags ist seit Jahren der "Lebensfreude-­Kalender", dessen Auflage trotz (oder wegen?) der simplen ­Gestaltung mit bestärkenden Sprüchen und Fotografien kontinuierlich zulegt. Ein enormer (und nachhaltiger) Erfolg, der mittlerweile für den Großteil des Verlagsumsatzes steht. "Am Anfang haben die Ver­treter die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen", erinnert sich Merkle – in diesem Jahr wird der Verlag 300.000 Exemplare drucken. Für 2018 gibt es den Wandkalender auch als Tischkalender bei Droemer Knaur. Die Holtzbrinck-Tochter möchte teilhaben am Lebensfreude-Erfolg.

Auch sonst scheinen für den PAL Verlag die gewöhnlichen Gesetze des Buchmarkts kaum zu gelten. "Wir halten nichts davon, jährlich fünf neue Titel in den Markt zu drücken", fasst Wolf die Maxime zusammen. Sämtliche Titel stammen von Psychologen, nicht etwa von Journalisten. Novitäten gibt es seit Jahren keine.

Mit Mut und Durchhaltevermögen behauptet sich der PAL Verlag im umkämpften Ratgebermarkt, etwa mit Titeln wie "Gefühle verstehen, Probleme bewältigen" oder "Wenn das Leben zur Last wird". Auch wenn das Verlegerduo keine Vertreter mehr beschäftigt oder Messestände bucht: Über Jahre und Jahrzehnte hinweg haben sich viele Ratgeber zu Longsellern mit einer Auflage von jeweils mehr als 100.000 Exemplaren entwickelt. Der Anteil an Backlisttiteln liegt bei 80 Prozent, verlässlich empfohlen von vielen deutsch­sprachigen Therapeuten und Ärzten. Auch ohne Jagd nach Novitäten frisst die Verlagsarbeit acht bis zehn Stunden Zeit am Tag, selbst im Urlaub. "Eigentlich wäre es Zeit, sich über eine Nachfolgelösung Gedanken zu machen", meint Merkle. Schließlich gehen die ersten Freunde des Paars schon in Rente, auch der PAL-Verleger ist in diesem Jahr 65 geworden.

Aber wie verabschiedet man sich von drei Jahrzehnten gemeinsamer leidenschaftlicher Verlegerei? Die Gedanken an eine Stabübergabe sind eben doch eher theoretischer Natur. Doris Wolf macht das mit einem kurzen Satz deutlich: "Der Verlag ist unser Kind."