Hintergrund des Sondergutachtens / Stellungnahme des Börsenvereins

Monopolkommission will Buchpreisbindung abschaffen

29. Mai 2018
Redaktion Börsenblatt

Die deutsche Monopolkommission spricht sich in einem Sondergutachten für die Abschaffung der Buchpreisbindung aus. Aus diesem Anlass bekräftigt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in einer Stellungnahme die Bedeutung der Buchpreisbindung für das Kulturgut Buch.

Die Monopolkommission hat heute ein Sondergutachten mit dem Titel "Die Buchpreisbindung in einem sich ändernden Marktumfeld" vorgelegt und spricht sich darin für die Abschaffung der Buchpreisbindung aus.

Anlass für dieses aus eigenem Ermessen erstellte Sondergutachten sei ein 2016 ergangenes Urteil gwesen, in dem der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Unvereinbarkeit der deutschen Arzneimittelpreisbindung mit der europäischen Warenverkehrsfreiheit festgestellt habe (siehe Archiv), so eine Presseinformation der Monopolkommission. "Zumindest in dem Umfang, in dem die Buchpreisbindung sich auf den grenzüberschreitenden Buchhandel auswirken kann, ist nicht auszuschließen – und in Hinblick auf E-Books sogar wahrscheinlich –, dass der EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren auch die Buchpreisbindung für mit dem EU-Recht unvereinbar erklären wird", formuliert die Monopolkommission.

Im Sondergutachten würdige die Monopolkommission die Buchpreisbindung aus ökonomischer und rechtlicher Sicht. Dabei habe man herausgearbeitet, "dass die Buchpreisbindung einen schwerwiegenden Markteingriff darstellt, dem mit dem Kulturgut Buch ein nicht klar definiertes kulturelles Schutzziel gegenübersteht und dessen Auswirkungen ambivalent bzw. unklar sind".

Das Sondergutachten im Volltext findet sich hier als PDF-Download.

Die fünf Mitglieder der Monopolkommission werden hier vorgestellt.

Stellungnahme des Börsenvereins

"Der deutsche Buchmarkt, der zweitgrößte weltweit, ist ein Vorbild für Qualität und Vielfalt. Genau das ist auch das Verdienst der Buchpreisbindung. Denn sie fördert nicht nur ein filigranes Netz an Buchhandlungen, die das Kulturgut Buch für eine breite Öffentlichkeit zugänglich machen und gleichzeitig wichtige Kulturstationen vor Ort sind; die Preisbindung garantiert auch ein breites und vielfältiges Buchangebot. Insgesamt bewahrt und fördert die Buchpreisbindung das Kulturgut Buch, ohne den Wettbewerb unangemessen zu beschränken, weder für inländische noch für ausländische Händler. Dies haben wir gegenüber der Monopolkommission bereits ausführlich dargelegt", sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins in der Stellungnahme des Verbands.

"Das Gutachten der Monopolkommission beruht auf einer sehr dürftigen Datenlage. Es wertet wissenschaftliche Studien aus, die zum Großteil veraltet sind, und verzichtet gänzlich auf eigene Erhebungen aktueller Marktdaten. Letztlich wiederholt die Monopolkommission bekannte neoliberale Positionen aus dem Gutachten, welches sie schon im Jahr 2000 zur Buchpreisbindung erstellt hat. Wenig überzeugend ist die Deutung der Auswirkungen der Abschaffung der Buchpreisbindung in der Schweiz. Hier übersieht die Kommission, dass die relativ stabile Lage deutschschweizerischer Verlage darauf zurückzuführen ist, dass diese über 80 Prozent ihrer Umsätze im Preisbindungsland Deutschland erwirtschaften. Hingegen ist die Zahl der Buchhandlungen in der deutschsprachigen Schweiz nach der Abschaffung der Buchpreisbindung massiv zurückgegangen", so Skipis weiter.

Börsenverein: Arzneimittelentscheid nicht auf Buchmarkt übertragbar

Entgegen der Auffassung der Monopolkommission sehe der Börsenverein keine Übertragbarkeit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom Oktober 2016 zur Arzneimittel-Preisbindung (siehe Archiv) auf den Buchmarkt. Skipis: "Der Erwerb von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist nicht mit dem von Büchern vergleichbar. Die Märkte funktionieren vollkommen unterschiedlich. Die von den Richtern in Bezug auf den Arzneimittelbereich vertretene Auffassung, ausländische Versandhändler hätten Wettbewerbsnachteile gegenüber Händlern in Deutschland, trifft beim Handel mit Büchern nicht zu.“

Das deutsche Preisbindungssystem habe großen Rückhalt in der Politik: "Die kulturpolitische Bedeutung der Preisbindung ist Konsens in der Politik. Das hat der Gesetzgeber nicht nur mit der ausdrücklichen Ausweitung der Preisbindung auf E-Books 2016 gezeigt. Auch in ihrem Koalitionsvertrag spricht die Bundesregierung der Preisbindung eine unverzichtbare Rolle für die Vielfalt des deutschen Buchmarktes zu. Sie will eine Anpassung des Gesetzes vorantreiben, welche eine Aushebelung der Preisbindung durch Provisionsmodelle unterbinden soll", sagt Skipis.

Das Gutachten der Monopolkommission habe keine unmittelbare Auswirkung auf die deutsche Gesetzgebung. Als unabhängiges Beratungsgremium berät die Monopolkommission die Bundesregierung und die gesetzgebenden Körperschaften auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik, des Wettbewerbsrechts und der Regulierung, so der Börsenverein.

Wissenschaftliche Gutachten in Arbeit

Um die Notwendigkeit der Buchpreisbindung unabhängig, umfassend und auf aktuellem Stand untersuchen zu lassen, hat der Börsenverein Anfang des Jahres zwei wissenschaftliche Gutachten in Auftrag gegeben. Prof. Dr. Georg Götz, Ordinarius für Volkswirtschaftslehre an der Justus-Liebig-Universität Gießen, prüft die Preisbindung unter ökonomischen Gesichtspunkten. Prof. Dr. Andreas Fuchs, geschäftsführender Direktor des Instituts für Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität Osnabrück, führt eine kartellrechtliche Betrachtung durch. Die Ergebnisse der Gutachten werden 2019 erwartet.

Die Buchpreisbindung in Deutschland existiert bereits seit dem 19. Jahrhundert und ist seit 2002 gesetzlich geregelt. Sie verpflichtet Verlage dazu, für ihre Neuerscheinungen verbindliche Ladenpreise festzusetzen. Dadurch zahlt der Kunde für ein Buch überall denselben Preis – ganz gleich, ob er es in einer kleinen Sortimentsbuchhandlung, einem Buchkaufhaus oder über das Internet kauft. Für unterschiedliche Formate (Hardcover, Taschenbuch, E-Book) können unterschiedliche gebundene Preise festgelegt werden.

Eine ausführliche Stellungnahme des Börsenvereins gegenüber der Monopolkommission ist hier abrufbar: www.boersenverein.de/sixcms/media.php/976/Stellungnahme_Fragebogen_Monopolkommission.pdf