Als Moderator des Abends stimmte der Journalist Gert Scobel die rund 300 Gäste auf das Nachdenken darüber ein, was gute Literatur zu bewirken vermag - wenn sie denn Leser findet. Lesen sei eine "Erfahrung, die uns füreinander sensibilisiert. Bücher lassen uns anders durch die Welt gehen", meinte Scobel. So gesehen sei Literatur im eigentlichen Sinn des Wortes "lebenswichtig".
Auf das nun ausgezeichnete Buch der aus Ungarn stammenden Terézia Mora trifft diese Funktion in besonderer Weise zu. Erzählt wird darin die Geschichte von Darius Kopp (den Mora-Leser bereits als Held ihres Romans "Der einzige Mann auf dem Kontinent" kennen) und seiner durch Selbstmord aus dem Leben geschiedenen, unter Depressionen leidenden Ehefrau Flora. Darius hatte zu Lebzeiten nichts mitbekommen von den Gefährdungen, denen Flora ausgesetzt war. Und nun begibt er sich auf die Suche nach der Wahrheit über seine Frau - und sich selbst.
Die siebenköpfige Jury unter dem Vorsitz des Literaturkritikers Helmut Böttiger lobte den fast 700 Seiten starken Roman Moras als eine "tief bewegende" Zeitdiagnose. Die Autorin vereine "hohes literarisches Formbewusstsein mit Einfühlungskraft".
Die vollständige Begründung der Jury:
"Ein schwarzer Strich zieht sich durch den Buchtext von Terézia Moras Roman 'Das Ungeheuer'. Er teilt die Geschichte von Darius Kopp und Flora. Sie waren ein Ehepaar, er ein Jedermann, der seine Frau mehr als alles, aber heillos liebte und überfordert war von ihrer Krankheit, ihren Depressionen. Flora hat Selbstmord begangen. Kopp bleibt zurück mit ihrer Asche in einer Urne und einer Datei, in der die Ungarin Flora Tagebuch über ihre Krankheit führte. Er macht sich auf den Weg durch Osteuropa von Ungarn nach Kroatien, nach Albanien und immer weiter bis er schließlich in Griechenland strandet, auf der Suche nach einer Heimat für die Asche und seine Verzweiflung. "Das Ungeheuer" ist ein stilistisch virtuoser, perspektivenreicher Nekrolog und eine lebendige Road-Novel aus dem heutigen Osteuropa. Terézia Mora findet eine radikale Form, der verstorbenen Flora und ihrem Leiden, das sie Darius nicht mitteilen konnte, eine Stimme zu geben. Ihre Tagebuchdatei ist parallel zur Reiseerzählung von Darius unter dem schwarzen Strich zu lesen, ein Mosaik autobiografischer und medizinischer Skizzen zur Depression. Als Schriftstellerin gelingt es Mora, zwei Charaktere, die sich im Leben verfehlten, und zwei Textformen miteinander in Verbindung zu setzen. Terézia Mora vereint hohes literarisches Formbewusstsein mit Einfühlungskraft. 'Das Ungeheuer' ist ein tief bewegender und zeitdiagnostischer Roman."
Der Jury für den Deutschen Buchpreis 2013 gehören an: Helmut Böttiger (freier Kritiker, Jury-Sprecher), Katrin Lange (Literaturhaus München), Ursula März (Die Zeit), Jörg Plath (freier Kritiker), Andreas Platthaus (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Klaus Seufer-Wasserthal (Rupertus Buchhandlung, Salzburg, Österreich) und Claudia Voigt (Der Spiegel).
"Je mehr Kommunikation, Kaufentscheidung und Medienkonsum ins Internet abwandern, umso mehr wächst auf der anderen Seite das Bedürfnis, der Autorin oder dem Autor näher zu kommen, ihm oder ihr persönlich zu begegnen, seine oder ihre Sicht der Welt näher kennen zu lernen", sagte Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins und Vorsitzender der Akademie Deutscher Buchpreis, bei der Begrüßung der rund 300 Gäste im Kaisersaal des Römers. "Autoren haben nicht nur literarisch etwas zu sagen, das Publikum will seine Autoren erleben − sehen und hören. Und Buchpreise sind dabei wie die Scheinwerfer, die die Autoren ins Blickfeld rücken und Literatur einer breiter werdenden Leserschicht erschließen."
Terézia Mora hat sich durchgesetzt gegen: Mirko Bonné (Nie mehr Nacht, Schöffling & Co.), Reinhard Jirgl (Nichts von euch auf Erden, Hanser), Clemens Meyer (Im Stein, S. Fischer), Marion Poschmann (Die Sonnenposition, Suhrkamp) und Monika Zeiner (Die Ordnung der Sterne über Como, Blumenbar).
Terézia Mora erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf weiteren Finalisten erhalten jeweils 2.500 Euro. Der Preisträger wurde in mehreren Auswahlstufen ermittelt. Die sieben Jurymitglieder haben 201 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2012 und dem 11. September 2013 erschienen sind. Aus diesen Romanen wurde eine 20 Titel umfassende Longlist zusammengestellt. Daraus haben die Juroren sechs Titel für die Shortlist gewählt.
Mit dem Deutschen Buchpreis 2013 zeichnet die Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse den besten deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Partner des Deutschen Buchpreises sind Paschen & Companie, die Stiftung der Frankfurter Sparkasse, die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.
Die kostenlose App des Deutschen Buchpreises bietet Lese- und Hörproben aller nominierten Titel der Longlist. Sie ist unter bit.ly/dbp-ios über den iTunes App Store bzw. unter bit.ly/dbp-android über Google Play verfügbar. Exklusive englische Übersetzungen von Leseproben der sechs Shortlist-Titel sowie zu jedem Shortlist-Buch und -Autor ein englischsprachiges Dossier stehen unter www.new-books-in-german.com bereit.
Der Deutsche Buchpreis ist auf Facebook. Infos, Neuigkeiten und Geschichten rund um den Buchpreis unter www.facebook.com/DeutscherBuchpreis
Weitere Informationen und Termine des Preisträgers rund um die Frankfurter Buchmesse können abgerufen werden unter www.deutscher-buchpreis.de.