Buchtage Berlin: Sitzung des Nachwuchsparlaments - mit Sprecherwahl

Eine gute Ausbildung zählt

13. Juni 2017
Redaktion Börsenblatt
Im Berliner Kongresszentrum bcc tagte heute auch das Nachwuchsparlament der Buchbranche, diskutierte über Themen und gründete AGs. Und es wurden zwei neue Nachwuchssprecher gewählt: Cleo Ciba (Lingen Verlag) und Philipp Nawroth (Osiander).

Das 82-köpfige Nachwuchsparlament war in diesem Jahr "ideal" besetzt: Ein Drittel der Teilnehmer kam aus dem Buchhandel, ein Drittel aus Verlagen, ein Drittel waren Studierende. Gestern hatten sich alle in der Alten Pumpe in Berlin bereits kennengelernt – und es fanden sich fünf Kandidaten, die bei der Wahl der Nachwuchssprecher antreten wollten.

Gewählt wurden Philipp Nawroth (44 Stimmen) und Cleo Ciba (42 Stimmen). Nawroth macht im 2. Lehrjahr seine Ausbildung bei Osiander in Reutlingen; er hat zuvor BWL in Tübingen studiert und selbstständig im B2B-Bereich gearbeitet. Ciba volontiert im Marketing des Lingen Verlags; zuvor hat sie nach einem Kommunikationswissenschaften- und Psychologiestudium mit Bachelorabschluss den Master in Buchwissenschaft an der LMU München gemacht und mehrere Praktika absolviert. Seit zwei Jahren ist sie Mitglied im Netzwerk der jungen Verlagsmenschen. Beide wollen sich aktiv für die vom Nachwuchsparlament vorgeschlagenen Initiativen einsetzen.

Vor der Wahl hatte sich Anna-Lena Wingerter (Ausschuss für Berufsbildung / mediacampus frankfurt) bei den bisherigen Nachwuchssprechern Catharina Schölzel und Ramona Nicklaus für deren Arbeit bedankt. "Das waren zwei fabelhafte Jahre, in denen wir tolle Einblicke in die Branche bekommen haben", meinte Schölzel und lobte die Aktivitäten des Nachwuchsparlaments: "Je mehr sich einbringen, umso lebendiger wird es." Dem schlossen sich die Nachfolger an: "Wenn alle mitmachen, können wir gemeinsam etwas bewegen", meinte Nawroth.

Welche Themen brannten dem Branchennachwuchs nun im Parlament unter den Nägeln?

Auf dem Herzen lag den Volontären, dass ihre Arbeit angemessen vergütet wird und der Ausbildungscharakter nicht in den Hintergrund tritt. "Es kann nicht sein, dass man ein Studium abgeschlossen hat und während des Volontariats mit einem Lohn unterhalb von Hartz IV auskommen muss": So formulierte es eine Parlamentarierin.

Der Börsenverein wurde aufgefordert, darüber nachzudenken, wie er politisch darauf einwirken kann, dass Volontäre ähnlich wie Azubis Vergünstigungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln, Kinokarten, Eintritte in Museen usw. bekommen können. Das würde im ganz normalen Volontärsalltag schon sehr helfen, so der Tenor.

Wiederholt machten sich die Nachwuchskräfte für eine gute kostenlose Ausbildung stark. Eine Buchhändlerin, die die Kölner Joseph-Dumont-Berufsschule besucht, machte deutlich, dass ihr Chef nach der Schließung der dortigen Fachklasse nicht mehr ausbilden werde, da es finanziell für ihn nicht darstellbar sei. Sie warb für eine kostenlose Buchhändler-Ausbildung vor Ort.

Andere machten deutlich, dass Blockunterricht in kleineren Buchhandlungen nicht funktioniere. Auch die Qualifizierung der Berufsschullehrer wurde angesprochen – hier sollte bei der Weiterbildng mehr getan werden, so die Erfahrungen der Azubis. Anna-Lena Wingerter vom mediacampus merkte an, dass es jährlich Weiterbildungsseminare eigens für Berufsschullehrer gebe. Mehr Werbung dafür machen: Das schlugen die Azubis im Plenum vor.

Überhaupt war die Kommunikation ein wichtiges Thema. Allein schon  die Antworten auf die Frage "Wie erreichen die Informationen über die Teilnahme zum Nachwuchsparlament die Azubis?" ließ erahnen, dass es hier wenig Transparenz gibt: Viele Chefs geben offenbar die Infos gar nicht weiter. Der Wunsch, das ganze Jahr über miteinander in Kontakt zu bleiben, mündete in die Gründung einer AG Social Media. Angedacht wurde auch eine Plattform, in der sich angehende Buchhändlerinnen und Medienkaufleute sowie Volontäre untereinander austauschen können, etwa über die Qualität der Ausbildung inklusive Verbesserungsvorschläge.

Denn nach Auskunft der Parlamentarier scheint es große Unterschiede zu geben: Manche arbeiten voll im Betrieb mit, bekommen aber noch nicht mal die Basics erklärt, das heißt für die wirkliche Ausbildung ist gar keine Zeit eingeplant, sondern der Auszubildende wird in erster Linie als vollwertige Arbeitskraft gesehen. Konstatiert wurde auch Unwissenheit in den Betrieben. "Zum Beispiel ist in den IHK-Richtlinien klar festgelegt, dass die Azubis die Berichte während der Arbeitszeit schreiben", so eine Teilnehmerin, "der Chef weiß das, die einzelnen Ausbilder schon nicht mehr."

Eine andere Parlamentarierin berichtete: "Wenn Fragen kommen, heißt es: Ja, dann wird ein Tag festgelegt, da reden wir drüber – dann kommt was dazwischen, und ich erfahre erst Monate später wie die Buchhandlung remittiert." Hier sollten die Betriebe mehr einheitliche Standards haben, so der Wunsch des Branchennachwuchses.

Dazu kam die Idee auf: Warum nicht eine AG zur Nachwuchsförderung gründen, um mehr Ausbildungswillige dazu zu bewegen, sich in der Buchbranche ausbilden zu lassen? Oft seien die Möglichkeiten bei den Schülern gar nicht bekannt. Das Publikum machte durch Klatschen deutlich: Eine solche AG soll bitte eingerichtet werden.

Zur Nachwuchsförderung kam eine Idee ins Spiel: Das Nachwuchsparlament könne doch öffentlich tagen. "Warum treffen wir uns hinter verschlossenen Türen, warum machen wir diese Veranstaltung  nicht open air, damit junge Leute sehen: Oh, hier sind Gleichaltrige aus der Buchbranche, was machen die, über was sprechen die?"

Am Ende wurden folgende AGs ins Leben gerufen:

  • AG Umfrage Buchhandelsnachwuchs (Ansprechpartner: Axel Herber)
  • AG Qualität der Ausbildung BH Medienkaufleute Volontariate (Ansprechpartnerin: Nicole Gnewuch)
  • AG Social Media – Öffentlichkeitsarbeit und Azustausch untereinander (Ansprechpartnerin: Christina Schindler)
  • AG Politische Bildung (Ansprechpartner: Klaas Wiersma)
  • AG Nachwuchsförderung und Nachwuchsgewinnung (Ansprechpartnerin: Marina Bonzelet)
  • Die AG E-Book (Ansprechpartnerin: Lisa Eckstein) besteht weiter fort.