Zum 50. Geburtstag von Daniel Kehlmann

Humor öffnet Herz und Geist

13. Januar 2025
Redaktion Börsenblatt

"Niemand geht zu einer Preisverleihung wegen des Laudators, da braucht man sich keine Illusionen zu machen": Sagt Daniel Kehlmann, der 2023 in der Frankfurter Paulskirche die Laudatio auf Friedenspreisträger Salman Rushdie hielt. Martin Schult gratuliert dem Schriftsteller zum 50. Geburtstag.

Daniel Kehlmann bei seiner Laudatio in der Frankfurter Paulskirche

Tausendsassa ist ein wunderbares Wort, das eigentlich nur durch sein österreichisches Pendant getoppt wird: Wunderwuzzi. Der am 13. Januar 1974 in München geborene und in Österreich aufgewachsene Schriftsteller Daniel Kehlmann ist wahrscheinlich schon beiden Worten begegnet, ist sein Oeuvre doch bereits nach nur fünfzig Lebensjahren mehr als beeindruckend.

Daniel Kehlmann spielt auf der gesamten Klaviatur der Literatur – Romane, Drehbücher, Theaterstücke, Erzählungen, Kurzgeschichten, Essays über die schöne Literatur anderer, philosophische Gespräche oder Vorlesungen über Poetik. Er beherrscht Zaubertricks, trägt sein Herz auf dem richtigen Fleck und führt mitunter auch Bundeskanzler durch New York, seiner zweiten Wahlheimat neben Berlin.

Ob er sich – was man vermuten könnte – als Kosmopolit fühlt, muss er selbst wissen, wahrscheinlich bezeichnet er sich selbst einfach als Literat und Mensch.

Martin Schult, beim Börsenverein Referent für den Friedenspreis

Dabei ist Daniel Kehlmann eigentlich überall zu Hause – in seinen Texten, in den Köpfen seiner Leser:innen, in den Herzen seiner Freunde und seiner Familie. Ob er sich – was man vermuten könnte – als Kosmopolit fühlt, muss er selbst wissen, wahrscheinlich bezeichnet er sich selbst einfach als Literat und Mensch.

Denn trotz der Popularität, die er dank seiner Bücher genießt, und der vielen Auszeichnungen, die er seit "Beerholms Vorstellung" (1997) erhalten hat, ist er abseits seiner Erfolge wie "Kaminsky und Ich" (2003), "Die Vermessung der Welt" (2005) oder "Lichtspiel" (2023) auf sympathische Weise bodenständig geblieben, selbstbewusst, klug, meinungsstark und doch bescheiden.

Salman Rushdie und Daniel Kehlmann umarmen sich in der Paulskirche

Besonderer Moment: Friedenspreisträger Salman Rushdie und sein Laudator Daniel Kehlmann bei der Preisverleihung 2023

Vielleicht macht ihn das auch zu einem ausgezeichneten Laureaten, wenn es darum geht, einem anderen den Vortritt zu lassen und dessen Vorzüge zu preisen. Das zeigt sich in seinem neuesten Buch mit dem wunderbaren Titel "Sorgt, dass sie nicht zu zeitig mich erwecken", in dem er neben Preisreden (wie seine Schillerrede, deren Titel auch zum dem des Buches wurde) auch Texte zu seinen Freunden und Vorbildern aus der literarischen Welt versammelt hat. 

Einer dieser Freunde ist Salman Rushdie, der 2023 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten hat. Seit Jahren gibt es ein enges Band zwischen den beiden, das nicht nur auf gegenseitiger Wertschätzung ihrer Bücher beruht, sondern sich auf dem gründet, was eine enge Freundschaft ausmacht: die Neugier auf den anderen in allen Facetten. Es lag also nahe, Daniel Kehlmann zu fragen, ob er bei der Preisverleihung die Laudatio auf Salman Rushdie halten würde.

Humor öffnet Herz und Geist

Er hat es getan, und wenn mich damals manchmal die Sorge drückte, die Nähe zwischen den beiden könnte vielleicht zu groß sein, um zurückzutreten und einen Blick von außen auf den Geehrten zu richten, so war sie unbegründet.

Denn statt sich in dem angesammelten Wissen über das aufregende und ständiger Bedrohung ausgesetzte Leben Salman Rushdies mitsamt des großen literarischen Oeuvres zu verlieren, überraschte uns Daniel Kehlmann mit einer kurzen, von Ernsthaftigkeit und Humor geprägten Lobrede, die es dem Friedenspreisträger erlaubte, darauf mit einem ebenso schweren wie leichten Vortrag zu antworten.

Humor öffnet Herz und Geist, um den Ernst des Lebens ins richtige Bild zu setzen. Das beherzigte an jenem Tag in der Frankfurter Paulskirche nicht nur Salman Rushdie, sondern auch Daniel Kehlmann.

Deswegen ist dieser Gruß zum Geburtstag mit einem Dank verbunden. Danke, Daniel, für Deine wunderbare Literatur! "Wäre Salman Rushdie eine literarische Figur, so gäbe es eigentlich nur einen Autor, der diesen Roman geschrieben haben könnte", hast Du in Deiner Laudatio gesagt. Ich glaube, ich kenne noch einen.