Buchtage Berlin: Wie die Rede von Bundesjustizminister Heiko Maas ankam

Klare Gegensätze

13. Juni 2017
Redaktion Börsenblatt
Zustimmung konnte Bundesjustizminister Heiko Maas nicht erwarten, als er heute vor dem Plenum der Buchtage den Entwurf für das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz verteidigte. Er bedankte sich aber für die Gelegenheit, sich der kontroversen Diskussion stellen zu können.

"Streitkultur und Wissensgesellschaft im digitalen Zeitalter" waren die Themen von Maas' Rede, deren erster Teil dem Rechtspopulismus und der Verrohung der Kommunikation in sozialen Netzwerken und in der Gesellschaft gewidmet war (zur Rede im Wortlaut geht es hier).

Heiko Maas warnte vor autoritären Tendenzen auch in Europa, die an den Grundfesten der Demokratie rütteln. Es sei wichtiger denn je, überzeugt für die Meinungsfreiheit einzutreten und Internetkonzerne darauf zu verpflichten, strafbare Inhalte in Netzwerken umgehend zu löschen. Die Wahl der Schriftstellerin Margaret Atwood, deren Werk die Gefahren totalitärer Ideologien behandelt, zur Friedenspreisträgerin 2017 sei ein wichtiges Signal zur rechten Zeit.

Im zweiten Teil seiner Rede verteidigte Heiko Maas die neuen Regelungen zur Bildungs- und Wissenschaftsschranke, die der Bundestag in erster Lesung bereits verabschiedet hat. Vor allem drei Argumente führte Maas ins Feld:

  • Die bisherige Rechtslage sei so unübersichtlich geworden, dass eine sichere Anwendung der Vorschriften nicht mehr möglich gewesen sei. Das neue Gesetz solle für Klarheit sorgen – einfache Regeln zur Verfügung stellen, die auch die Rechtsdurchsetzung garantieren.
  • Im Vordergrund stehe der Interessenausgleich zwischen Autoren, Verlegern, Nutzern und Bildungseinrichtungen.
  • Außerdem diene das Gesetz dazu, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wissenschaft zu verbessern.

Weder Börsenvereinsvorsteher Heinrich Riethmüller noch seine Branchenkollegen zeigten sich von Maas' Gründen überzeugt. Matthias Ulmer (Eugen Ulmer Verlag) sagte, die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen (die keinen Lizenzvorrang verlegerischer Angebote vorsehen) blieben weit hinter dem zurück, was bereits heute technisch möglich sei. Verlegerkollege Christoph Links kritisierte das Konzept der Pauschalvergütung, das nicht den Autoren und Verlegern zugute käme, deren Werke genutzt werden, sondern auf alle umgelegt würde. Nur eine werkbezogene Abrechnung sei gerecht. Die Verlegerin Reinhilde Ruprecht betonte, gerade in den Geisteswissenschaften sei die partielle Nutzung von Werken üblich. Wenn 15 Prozent eines Werks genutzt würden, sei diesem bereits die wirtschaftliche Grundlage entzogen. Stefan Könemann, Zwischenbuchhändler, wies darauf hin, das die erweiterte Nutzung von Inhalten im Handel zu Volumen-Einbußen führe.

Ob das Gesetz wie geplant Ende Juni vom Bundestag verabschiedet wird, ließ Heiko Maas offen. Noch gebe es Widerstand beim Koalitionspartner, so dass auch eine Rückstellung des Gesetzesvorhabens nicht auszuschließen sei. Klar sei aber, dass das Gesetz vor dem Hintergrund der Digitalisierung nur einen Zwischenschritt darstellen könne. Man müsse abwarten, ob die Regelungen funktionieren, und könne nicht ausschließen, dass künftig auch eine (technisch vervollkommnete) Einzelfallabrechnung an die Stelle einer Pauschalvergütung treten könne.

Wie auch immer das Gesetz am Ende verabschiedet werde, ohne unmaßgebliche Änderungen, so Maas, werde dies nicht geschehen.