Friedenspreis für Margaret Atwood: Jury-Begründung und Bibliografie

"Eine der bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit"

12. Juni 2017
Redaktion Börsenblatt
Die kanadische Schriftstellerin, Essayistin und Dichterin Margaret Atwood wird im Herbst mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet - auch für ihr politisches Gespür. Diese Entscheidung des Stiftungsrats hat Börsenvereinsvorsteher Heinrich Riethmüller heute bei der Eröffnung der Buchtage Berlin bekanntgegeben. Die Jury-Begründung und eine Übersicht der lieferbaren Titel.

Der Preis wird zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse am 15. Oktober in der Paulskirche in Frankfurt am Main verliehen, der Festakt live im Fernsehen übertragen. Die Branche vergibt den Friedenspreis, der mit 25.000 Euro dotiert ist, seit 1950.

In der Begründung des Stiftungsrats heißt es, Atwood zeige in ihren Romanen und Sachbüchern immer wieder ihr politisches Gespür und ihre Hellhörigkeit für gefährliche unterschwellige Entwicklungen und Strömungen:

"Als eine der bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit stellt sie die sich wandelnden Denk- und Verhaltensweisen ins Zentrum ihres Schaffens und lotet sie in ihren utopischen wie dystopischen Werken furchtlos aus. Indem sie menschliche Widersprüchlichkeiten genau beobachtet, zeigt sie, wie leicht vermeintliche Normalität ins Unmenschliche kippen kann. Humanität, Gerechtigkeitsstreben und Toleranz prägen die Haltung Margaret Atwoods, die mit wachem Bewusstsein und tiefer Menschenkenntnis auf die Welt blickt und ihre Analysen und Sorgen für uns so sprachgewaltig wie literarisch eindringlich formuliert. Durch sie erfahren wir, wer wir sind, wo wir stehen und was wir uns und einem friedlichen Zusammenleben schuldig sind."

Margaret Atwood, geboren am 18. November 1939 im kanadischen Ottawa, gilt als wichtigste und erfolgreichste Autorin Kanadas. Ein Porträt lesen Sie hier. Ihr Werk aus Romanen, Kurzgeschichten, Essays, Lyrik, Theaterstücken, Drehbüchern und Kinderbüchern ist mittlerweile in mehr als 30 Sprachen erschienen. Sie lebt mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Graeme Gibson, in Toronto.

Die Schriftstellerin studierte von 1957 bis 1962 in Toronto und Cambridge/Massachusetts Englisch und Literatur. Ab 1964 war sie als Literaturwissenschaftlerin an verschiedenen Universitäten tätig. Erste Gedichte (wie "The Circle Game") publizierte sie bereits Anfang der 60er Jahre im "Selbstdruckverfahren".

Mit der Veröffentlichung ihres ersten literaturkritischen Werks "Survival: A Thematic Guide to Canadian Literature" (1972) und ihrer ersten beiden Romane "Die essbare Frau" (1969; dt. 1985) und "Der lange Traum" (1972; dt. 1979) erlangte sie national wie auch international erste größere Bekanntheit.

In ihren literarischen und essayistischen Werken setzt sich Atwood intensiv mit gesellschaftlichen und politischen Fragen auseinander. In ihrem 1985 (dt. 1987) erschienenen utopischen Roman "Der Report der Magd" beschreibt sie in der Tradition George Orwells eine totalitäre Gesellschaft, in der Frauen als Gebärmaschinen benutzt und unterdrückt werden.

In ihrer Endzeit-Trilogie "Oryx und Crake" (2003), "Das Jahr der Flut" (2009) und "Die Geschichte von Zeb" (2013, dt. 2014) entwirft sie eine postapokalyptische Welt, durch die sie die ökologischen Auswirkungen und gefährliche Strömungen in der Gesellschaft ins Auge nimmt. Ihr Essay "Payback. Schulden und die Schattenseiten des Wohlstands" (2008) thematisiert die Voraussetzungen und Folgen der weltweiten Finanzkrise.

Auch über ihr künstlerisches Schaffen hinaus engagiert sich Atwood politisch und gesellschaftlich, etwa als Umweltaktivistin. Gemeinsam mit Salman Rushdie führt sie seit Mai 2017 eine Kampagne des PEN International an, die verfolgten und von Zensur bedrohten Menschen Unterstützung und größere Aufmerksamkeit geben will.

Margaret Atwood wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Booker Prize for Fiction (2000), dem Nelly Sachs-Preis (2009), dem Canadian Booksellers' Lifetime Achievement Award (2012) und dem PEN Printer Prize (2016). Zuletzt erschien ihr Roman "Hexenjagd" (2016, dt. 2017). Ende 2017 wird der Essayband "Aus Neugier und Leidenschaft" veröffentlicht, in dem der schriftstellerische Kosmos von Margaret Atwood mit Rezensionen, Reisebereichten, Schriften zu ökologischen Themen und Erzählungen vorgestellt wird.

Lieferbare Titel

Romane

"Alias Grace", Berlin Verlag, 624 S., 12,99 Euro "Das Herz kommt zuletzt", Berlin Verlag, 400 S., 22 Euro "Das Jahr der Flut", Berlin Verlag, 480 S., 10,99 Euro "Der blinde Mörder", Berlin Verlag, 704 S., 14,99 Euro "Der Report der Magd", Piper, 416 S., 11 Euro "Die Geschichte von Zeb", Berlin Verlag, 480 S., 10,99 Euro "Hexensaat", Knaus, 320 S., 19,99 Euro "Katzenauge", Piper, 512 S., 11 Euro "Lady Orakel", Piper, 416 S., 11 Euro "Moralische Unordnung", Berlin Verlag, 256 S., 10,99 Euro

Erzählungen

"Der Salzgarten", Berlin Verlag, 336 S., 9,90 Euro "Die steinerne Matratze", Berlin Verlag, 22 Euro "Das Zelt", Berlin Verlag, 160 S., 18 Euro "Gute Knochen", Berlin Verlag, 144 S., 7,50 Euro

Essays

"Aus Neugier und Leidenschaft", Berlin Verlag, 432 S., 28 Euro, ab 2. November "Payback: Schulden und die Schattenseite des Wohlstands", Berlin Verlag, 272 S., 8,95 Euro

Gedichte

"Die Tür", Berlin Verlag, 288 S., 22,99 Euro

Hörbuch

"Oryx und Crake", Ronin-Hörverlag, 23,95 Euro

Weitere Informationen sind hier abrufbar.