Springer, Elsevier, Wiley: Dass sich die Zeitschriftennutzung der Bibliotheken künftig noch stärker auf diese drei großen Wissenschaftsverlage fokussieren könnte – diese Sorge treibt andere Verlage und den Buchhandel derzeit gleichermaßen um. "Es ist zu befürchten, dass sich die Konzentrationsbewegung durch Bundeslizenzen weiter fortsetzen wird", berichtete Matthias Ulmer, Vorsitzender des Verleger-Ausschusses, bei einem Pressegespräch im Anschluss an die nicht-öffentliche Sitzung der drei Fachausschüsse in Frankfurt.
Solche umfassenden Vereinbarungen, die fest umrissene, bundesweite Titelpakete für die Bibliotheken schnüren würden, hätten Auswirkungen auf die Vielfalt der Branche, nicht nur bei den Verlagen, sondern auch im Buchhandel, betonte Ulmer. Nicht zuletzt würden Nationallizenzen die Bibliotheken in ihrer Wahlfreiheit einschränken.
Ergebnis der Diskussion: Der Börsenverein soll noch im Mai mit der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher Sortiments- und Fachbuchhandlungen und der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher Verleger Gespräche über das Thema führen. Danach will sich die Branche an die Politik wenden, beispielsweise an Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Das Ziel: auf die Gefahren hinzuweisen und zumindest die Folgen solcher Großlösungen abzufedern. Thomas Wrensch, Vorsitzender des Sortimenter-Ausschusses, verwies etwa auf das Modell Hanser: Der Münchner Verlag habe auf Länderebene Lizenzen verhandelt, der Buchhandel bleibe dabei als Partner im Boot, zu denselben Konditionen, berichtete Wrensch.
Der Sortimenter-Ausschuss des Börsenvereins hatte bereits im vergangenen Oktober den Abschluss einer Landeslizenz zwischen dem wissenschaftlichen Fachverlag Springer und dem Bundesland Sachsen als "handelsfeindlich" kritisiert. Der Buchhandel und Agenturen seien von diesem Geschäft, das E-Book-Pakete des Copyright-Jahres 2016 und E-Journals umfasst, völlig ausgeschlossen, hieß es damals in der Stellungnahme.
Klare Vorgaben für buchhandel.de
Ausgesprochen kontrovers diskutiert wurde in der Sitzung der Fachausschüsse offenbar die Zukunft von buchhandel.de. Die Plattform für den unabhängigen Buchhandel bewege sich aktuell in der Verlustzone, "das Ergebnis ist nicht befriedigend", bilanzierte Wrensch. Drei Optionen für die Zukunft hätten deshalb im Raum gestanden:
- buchhandel.de zu schließen
- sich für die Logistik einen Partner zu suchen
- oder buchhandel.de weiter als politisches Instrument zu nutzen, dann jedoch mit klar definierten Zielen, was die Plattform für den Buchhandel leisten soll.
In der Debatte habe es Stimmen für alle drei Varianten gegeben, so Wrensch, am Ende sei das Meinungsbild jedoch zugunsten der dritten Variante ausgefallen. Das Sortiment werde jetzt gemeinsam mit der MVB als Betreiber an klaren Zielvorgaben für buchhandel.de arbeiten, denn für die Sichtbarkeit des deutschen Buchhandels sei die Plattform nach wie vor wichtig: "Letztlich ist das natürlich auch eine Frage des Geldes", so Stefan Könemann, Vorsitzender des Ausschusses für den Zwischenbuchhandel, im Pressegespräch. Gegebenenfalls werde man sich bei der Entscheidung nicht auf einen Vorstandsbeschluss beschränken, sondern für die Zukunft von buchhandel.de ein Votum aus der Mitgliedschaft einholen.
Tradepaperback: 50 statt 20 Titel in den Charts
Dritter und letzter Punkt, der beim Pressegespräch gespiegelt wurde: das Tradepaperback und die Bestsellerlisten - ein Thema, für das Frank Sambeth, CEO der Verlagsgruppe Random House, bereits bei der AG Publikumsverlage im Januar getrommelt hatte. Sambeths Vorschläge, etwa die Paperback-Bestsellerliste für Zweitverwertungen zu öffnen, seien sehr kontrovers diskutiert worden, berichtete Könemann. In einer Sache jedoch war sich die Runde der Fachausschussmitglieder offenbar einig: Dass es sinnvoll ist, die Bestsellerliste von 20 auf 50 Titel zu erweitern. Ein entsprechender Vorstoß soll jetzt beim "Spiegel" gemacht werden.