Oft führen sie an Sehnsuchtsorte – die aktuellen Architekturtitel aus den Frühjahrsprogrammen der Verlage. Und eignen sich so bestens als Geschenk.
Die erste Station dieser Architekturbuch-Reise führt nach Wien: Das Wien Museum widmet Otto Wagner (1841 – 1918), einem der wichtigsten Baukünstler der Stadt, zum 100. Todestag eine große Ausstellung. Der dazugehörige, von Andreas Nierhaus und Eva-Maria Orosz herausgegebene Katalog "Otto Wagner" (Residenz, 544 S., 50 Euro) zeigt den aktuellen Stand der internationalen Forschung. Der edle, typografisch bestechend gut gestaltete Leinenband präsentiert einzigartige Zeichnungen und visionäre Bauten und Projekte Wagners, der über den allseits bekannten Jugendstil der Jahrhundertwende hinaus besonders die Moderne in Architektur und Städtebau vorangetrieben hat.
Liebhaber der Kulturgeschichte werden sich freuen über den üppig bebilderten, klassisch-schönen Band "Mit Macht und Pracht. Burgen, Schlösser und Klöster im fürsterzbischöflichen Salzburg" (Pustet, 304 S., 45 Euro). Kulturhistorisch kenntnisreich porträtiert Autor Siegfried Hetz mehr als 70 Burgen, Festungen, Schlösser, Klöster und Paläste aus Salzburg, aber auch aus Bayern, Nord- und Osttirol. Dazu gehören etwa St. Peter, das älteste Kloster im deutschen Sprachraum, oder Schloss Leopoldskron, in dem der legendäre Regisseur Max Reinhardt lebte. In vielen der Schlösser und Burgen wurde einst Weltgeschichte geschrieben.
In "spaces of culture and art" (Deutscher Architektur Verlag, Deutsch / Englisch, 272 S., 49,95 Euro) hingegen setzen aktuelle Kulturbauten Impulse: Der von Till Schröder, Fenna Tinnefeld und Christian Zilisch herausgegebene Band stellt 42 Museen und Ausstellungsräume, Gedenkstätten, Theater- und Konzerthallen aus Europa und aller Welt vor. Dabei überzeugt der junge, 2014 gegründete Architekturverlag mit erstklassigen Fotos, mit Grundrissen und Schnitten sowie fundierten, und übrigens auch gegenderten Texten.
Für den repräsentativen Premiumbildband "Welterbe. Deutschlands lebendige Vergangenheit" (Frederking & Thaler, 320 S., 98 Euro) sollte der Coffeetable groß genug sein. Denn "Warum in die Weite schweifen"? Hier sind chronologisch geordnet in Florian Heines Texten und Günther Bayerls Fotografien die insgesamt 42 Kultur- und Naturwelterbestätten Deutschlands zu bestaunen, darunter 39 von Menschenhand geschaffene – Kirchen, Paläste, Parks, Schlösser, Stadtensembles und Industrieanlagen. Kein Wunder, dass die vor Weihnachten erschienene erste Auflage des aufwendigen Projekts schnellstens vergriffen war.
Die zum Welterbe zählenden prähistorischen Pfahlbauten am Bodensee und anderswo inspirieren Architekten bis heute: 55 private Wohnhäuser, aufs Wasser blickend, auf Wasser gebaut oder Wasser reflektierend, versammelt der von Emilia Terragni herausgegebene Band "Am Wasser leben. Moderne Häuser im oder am Wasser" (Phaidon, 272 S., 39,95 Euro). Sie stehen auf Inseln, an abgeschiedenen Stränden, Flussufern und zerklüfteten Felsküsten und stammen von renommierten Architekten wie etwa David Chipperfield oder Tadao Ando. Oft sind sie in skulpturaler Schönheit mit der Landschaft verschmolzen. Sehnsuchtsorte, aber für Besucher in der Regel unzugänglich.
Doch preisgekrönte Architektur in atemberaubenden Landschaften kann man auch mieten, und manchmal gleich den Privatkoch oder Yogalehrer dazu: "Bergblick. Die spektakulärsten Ferienhäuser auf fünf Kontinenten" (Text und Konzeption von Sebastiaan Bedaux, Sieveking Verlag, 248 S., 44 Euro) präsentiert bilderreich und mit touristischen Informationen 30 stilvolle Refugien an abgeschiedenen Orten, wo sich Natur, Ruhe, Stil und oft auch Luxus miteinander vereinen.
Nach den singulären Tempeln der Achtsamkeit ein Sprung in die Hauptstadt des 20. Jahrhunderts: Rolf Fischers "New York früher und heute" ist wieder da (jetzt im Parragon by Delphin Verlag, 192 S., 14,99 Euro). Mehr als 200 Aufnahmen in Farbe und Schwarz-Weiß zeugen eindrucksvoll vom Wandel der Metropole. Im Fokus stehen Ikonen der Architektur wie die Brooklyn Bridge, das Guggenheim Museum oder das Empire State Building: Letzteres galt als "achtes Weltwunder" und war für lange Zeit das höchste Gebäude der Welt.
Inzwischen baut man fast doppelt so hoch, vor allem in Asien: In dem Band "Skyscraper. Vom Tribune Tower in Chicago zum Burj Khalifa in Dubai" (DVA, 192 S., 25 Euro) porträtiert der amerikanische Architekt John Hill alles in allem 46 Wolkenkratzer, die von der Kreativität der Architekten und faszinierender Ingenieurskunst zeugen. Zahlreiche Illustrationen und Schnitte sorgen dafür, dass man die Bauten nicht nur bewundert, sondern auch die Konstruktion dahinter besser versteht.
Zum Abschluss ein Superlativ aus Deutschland, der weniger in die Höhe als zur Seite strebt: In dem von Günter Altstetter herausgegebenen Band "Das Schiefe Haus von Ulm. Schön schräg, aber standfest. 600 Jahre Geschichte und Geschichten" (Coppenrath, 88 S., 14,99 Euro) führt Kathrin Schulthess dem Leser vor Augen, dass auch eine architektonische Schieflage ihre guten Seiten haben kann. Heute ist der klug sanierte alte Fachwerkbau das schiefste Hotel der Welt und steht im Guinnessbuch der Rekorde. Ein Sehnsuchtsort? Jedenfalls für viele illustre Gäste, darunter gekrönte Häupter und Medien-Prominenz. Auf jeden Fall ist das schiefe Haus aber eine Ermutigung, historische Baukunst zu bewahren.