Berliner Ausländerbehörde will russischen Verleger abschieben

Grebennikov verliert Aufenthaltserlaubnis

8. Mai 2013
Redaktion Börsenblatt
Die Berliner Ausländerbehörde hat Verleger Alexander Grebennikov und seiner Familie die Aufenthaltserlaubnis entzogen. Innerhalb eines Monats muss der Verleger das Land verlassen. Der Grund: Der Verlag habe in den vergangenen Jahren kein positives Jahresergebnis erzielen können, die Vorgaben zur Befürwortung von Grebennikovs Einreise seien laut Behörde nicht erreicht worden.

Grebennikov, der 1993 in Moskau den Grebennikov Verlag und 2006 den deutschen Grebennikov Verlag gegründet hat, ist 2008 nach Berlin umgezogen und hat dort seit 2009 zusammen mit seiner Frau und sechs festen Mitarbeitern bislang 30 Bildbände und Reiseführer veröffentlicht. Als Grund für die Ausweisung gibt die Ausländerbehörde an, dass "seit der Geschäftsgründung im Jahre 2006 bis ins Jahr 2012 kein positives Jahresergebnis erzielt werden konnte", so der zuständige Sachbearbeiter der Ausländerbehörde in einem Schreiben an den Verleger, das dem Börsenblatt vorliegt. Es werde "eindeutig klar gestellt, dass die Vorgaben, die letztlich zu einer Befürwortung Ihrer Einreise führten, auch nach mehr als fünf Jahren unternehmerischer Tätigkeit nicht erreicht werden konnten."

Die ablehnende Begründung der Ausländerbehörde stützt sich laut Grebennikov-Vertriebsleiter Thomas Götz "im Kern einzig auf ein Gutachten der Senatsverwaltung für Wirtschaft, das in Bezug auf den Grebennikov Verlag eher schwammig besagt, dass ‚eine positive nachhaltige Tendenz‘ der wirtschaftlichen Entwicklung des Verlags 'nicht mit Sicherheit prognostiziert werden' könne." Das dem Börsenblatt ebenfalls vorliegende Gutachten stellt jedoch der Ausländerbehörde "anheim, im Rahmen Ihrer eigenen Zuständigkeit über eine weitere Erfolgskontrolle zu entscheiden."

Ein mögliches Zweitgutachten über die wirtschaftlichen Aussichten des Verlags von der IHK Berlin hat der Sachbearbeiter der Ausländerbehörde abgelehnt: "Eine zweite Meinung einzuholen, die unter Umständen der ersten Einschätzung durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft entgegenläuft", sei "wenig hilfreich", da sich "der ungewisse Zustand" verlängere, "ohne dass deshalb die Einschätzung der Senatsverwaltung revidiert worden wäre." Auf Anfrage lehnte die Ausländerbehörde eine Stellungnahme ab.

Unerwähnt und ohne Berücksichtigung bleibe, dass der Verleger "acht feste Arbeitsplätze in Berlin geschaffen und rund 1,6 Millionen Euro in den vergangenen Jahren investiert hat und dass über 20 freie Mitarbeiter zumindest in Teilen ihren Lebensunterhalt durch Honorare des Grebennikov Verlags bestreiten. Auf die Gehälter und Honorare werden Steuern und Sozialabgaben abgeführt“, erläutert Vertriebsleiter Thomas Götz. Die Familie sei in Deutschland bestens integriert, ihre Kinder gingen zur Schule oder besuchten den Kindergarten, sagt Götz.

Der Börsenverein Berlin-Brandenburg hat sich für den Verbleib des Verlegers wie für den Fortbestand des Verlags stark gemacht. "Grebennikov ist ein junger, aktiver Verlag, der sich auch im Rahmen der Gemeinschaftsaktion Berliner Verlage und Buchhandlungen '24 Stunden Buch' mit einer Veranstaltung engagiert", so Landesverbands-Geschäftsführerin Johanna Hahn. Dass neu gegründete Verlage mehrere Jahre Verluste schrieben, bis sie durch ihr Verlagsprogramm die laufenden Kosten finanzieren könnten, sei in der Buchbranche nicht ungewöhnlich. "Die Wertschöpfungskette in der Buchbranche greift nicht in Jahreszyklen", so Hahn in einem Schreiben an Grebennikovs Rechtsanwalt, das dieser der Ausländerbehörde weitergeleitet hat. "Dies mag aus betriebswirtschaftlicher Sicht ungewöhnlich sein, aber mancher Klassiker der Weltliteratur hat sich erst über Jahre und Jahrzehnte zu einem solchen entwickelt: Verlage investieren in die Zukunft ihrer Bücher."