Bilanz der neu konzipierten LiberBerlin

Tolle Mischung - nur das Sommerwetter stört

6. Juli 2015
von Sigrid Rautenberg
Am Wochenende fand in der Gemäldegalerie die LiberBerlin statt. Erstmals präsentierten sich neben den Antiquariaten auch Verlage und Buchhandlungen, zudem gab es ein bemerkenswertes Rahmenprogramm.

Ein sensationeller Ausstellungort - überwiegend zufriedene Aussteller. Was wünscht man sich mehr? Ganz einfach: Schlechteres Wetter und Besucher. Der Termin für die LiberBerlin lag nicht gerade günstig – beim künftigen Stadtschloss war Tag der offenen Tür, die Hochschulen lockten mit der langen Nacht der Wissenschaften, um nur die größten der unzähligen konkurrierenden Veranstaltungen zu nennen.

 "Das Wetter ist, glaube ich, zu schön, es ist eindeutig zu wenig los", bilanzierte Barbara Goll von der Berliner Kinder- und Jugendbuchhandlung Purzelbuch am Samstag. Sie betreute in Kooperation mit dem Carlsen Verlag einen Stand, entsprechend lagen nur Kinderbücher des Hamburger Verlags auf dem Tisch. Andere Verlage machten es genauso: Die Buchhandlung Starick vertrat das dtv-Programm, drei Mitarbeiter vom Kulturkaufhaus Dussmann verkauften ausschließlich Bücher aus den Random-House-Verlagen. Tenor der Aussteller: Schöne Atmosphäre, gute Publikumskontakte - nur der Umsatzfaktor könnte etwas stärker sein.

Die LiberBerlin, die es als reine Antiquariatsmesse seit 15 Jahren gibt, ist für viele Antiquare eine wichtige Veranstaltung. Dennoch musste sie im vergangenen Jahr ausfallen, "mangels Beteiligung", wie Detlef Bluhm berichtet, beim Börsenverein Geschäftsführer des Landesverbands Berlin-Brandenburg. Die Organisatoren hätten den Landesverband deshalb gefragt, ob die Berliner Buchhandlungen und Verlage mit von der Partie sein wollten. Warum nicht, sagte sich Bluhm – "allerdings nur, wenn wir zu der reinen Buchausstellung, die die LiberBerlin bislang war, noch etwas dazu packen. Und so ist das Begleitprogramm mit circa 50 Veranstaltungen entstanden, mit den vier Formaten Talk, Kids, Digital und Art, also Führungen durch die Gemäldegalerie." Mehr als 30 Autorinnen und Autoren stellten ihre aktuellen Bücher vor, auf dem blauen Sofa nahmen am Wochenende unter anderem Rolf Hochhuth, Susanne Gaschke, Hermann Parzinger oder Paul Maar Platz.

Kundenkontakte für Versandantiquariate

Gerne hätte auch Antiquariatsinhaber Clemens Paulusch mehr dieser Gespräche verfolgt. Aber er war allein an seinem Stand. Bei der LiberBerlin machte er zum dritten Mal mit. Da er ein reines Versandantiquariat betreibt und selten persönlichen Kundenkontakt hat, freut er sich, hier potenzielle Käufer zu treffen. Natürlich hat er seine Kunden vorher angeschrieben. Paulusch ist spezialisiert auf Landkarten und Ansichtskarten, außerdem hatte er bei der Liber Berlin viele historische Guckkastenblätter im Gepäck, für die sein Herz besonders schlägt. "Der direkte Verkauf auf der Messe ist schön, aber das Resümee wird erst zwei Wochen nach der Messe gezogen. Manche Sachen realisiert man erst nach der Messe."

Birgit Strehler aus Sindelfingen ist von Anfang an bei der LiberBerlin dabei. Die Kunsthistorikerin ist Expertin unter anderem für die Blumengrafiken Maria Sibylla Merians. "Warum wir hier sind? Der Markt in Berlin ist interessant, es gibt viele kulturell interessierte Menschen, wir haben sehr nette Kunden hier. Es ist ja die einzige Messe dieser Art in Berlin." Auch sie hat selbstverständlich vorher ihre Kunden angeschrieben, einige schauten an ihrem Stand vorbei: "Das Zusammenspiel mit den Vorträgen, das gefällt den Kunden total gut." Der Kontakt zu den Besuchern ist für sie wichtig, außerdem will sie spüren, wie die Ware angenommen wird. Ihr Fazit: Die Veranstalter haben sich sehr viel Mühe gegeben. "Der Saal ist fantastisch, vielleicht könnte man auch die Vorträge etwas mehr integrieren. Ansonsten ist alles gut." Und ein bisschen mehr Werbung im Vorfeld, das wäre vielleicht kein Fehler gewesen.

Nagelprobe mit guter Laune

Auch internationale Händler sind vertreten. Alessandro Meda Riquier ist aus London angereist. Sechs bis sieben Messen macht der Antiquar jährlich. Feste Termine in seinem Kalender sind Stuttgart, Mailand, New York, Paris und London, wo der Italiener versucht, jahrhundertealten Bibeln oder Handschriften an eine eher zahlungskräftige Kundschaft zu bringen. Der Saal in Berlin ist ein perfekter Ort, findet auch er, und so schön kühl. Denn das Hauptproblem auf den Messen sei oftmals die Hitze, die durch die Beleuchtung entstehe und den alten Büchern gar nicht gut bekomme. Er ist das erste Mal in Berlin dabei und genießt es. Auch wenn er noch nichts verkauft hat: "No sales. But I’m happy as well, also without sales!"

Und wie geht’s nächstes Jahr weiter? Detlef Bluhm: "Das Wochenende war die Nagelprobe, ob dieses Format überhaupt funktioniert. Wir würden es nächstes Jahr gerne wieder so machen." Im Nachgang wird er die Aussteller zum Feedback-Gespräch einladen und natürlich auch mit der Gemäldegalerie sprechen. Immerhin ist es ein enormer Eingriff in das Museumsgeschehen, in unmittelbarer Nähe zu Rembrandt, Dürer und Tizian eine solche Veranstaltung durchzuführen. Wie er das eingefädelt hat, das behält Bluhm übrigens leise lächelnd für sich.