Die Aufgaben der Programmgeschäftsführung werden dem bisherigen Cheflektor Peter Sillem übertragen. Der 47-Jährige, der schon seine Verlagslehre bei S. Fischer absolviert hat und nach anschließendem Studium und Promotion 1996 zunächst als Sachbuchlektor in den Verlag zurückkehrte, verantwortet künftig die gesamten Erwachsenenprogramme bei S. Fischer, Fischer Krüger und Scherz, Fischer FJB sowie Fischer Taschenbuch. Erst 2013 war Sillem zum Cheflektor in der Hedderichstraße aufgestiegen.
Mitglieder der Geschäftsführung bleiben die Gesellschafterin und Verlegerin Monika Schoeller, der fürs Kaufmännische zuständige Michael Justus sowie für die kommenden Monate noch Uwe Rosenfeld im Bereich Marketing und Vertrieb. Nicht verändert wird die Organisation im Bereich des Fischer Kinder- und Jugendbuch Verlags, dessen Leitung auch künftig Ulrike Metzger obliegt. Sie berichtet direkt an Jörg Bong.
Rosenfeld wird seine Geschäftsführeraufgaben in beiden Gesellschaften der Gruppe, also sowohl in der S. Fischer Verlag GmbH wie auch in der Fischer Kinder- und Jugendbuch Verlag GmbH, zum 1. Oktober 2015 an Sabine Bischoff (44) übergeben. Bischoff blickt, ähnlich wie Sillem, bereits auf viele S. Fischer-Jahre zurück: Sie kam 1997 ins Unternehmen, wurde 2002 (als Nachfolgerin Rosenfelds, der damals in die Geschäftsführung wechselte) Verkaufsleiterin und ist seit 2005 Vertriebsleiterin des Verlags.
Uwe Rosenfeld, der in diesen Tagen seinen 59. Geburtstag feiert, bleibt auch in Zukunft für das Verlagshaus tätig (siehe auch das Interview: "Die Datenlage ist verheerend"). Einer Mitteilung der Stuttgarter Holtzbrinck-Gruppe zufolge, zu der die S. Fischer Verlage gehören, soll der Vertriebs- und Marketingprofi nicht allein die Frankfurter, sondern auch verlagsübergreifend die Buchverlage des Konzerns in strategischen Fragen des Buchhandels weiterbringen. Sandra Dittert, Bereichsleiterin Marketing, Vertrieb und Digital Publishing bei Holtzbrinck in Stuttgart, zeigt sich "sehr glücklich darüber, dass sich mit Uwe Rosenfeld ein so erfahrener und renommierter Experte um die strategisch Weiterentwicklung der Beziehungen zu den verschiedenen Marktteilnehmern kümmern wird".
Welche Gründe und welche Folgen sind mit dieser umfassenden Neuordnung der Fischer-Führungsriege verbunden?
Für Jörg Bong bleibt nun mehr Zeit für die Befassung mit übergeordneten strategischen Fragen. In seiner neuen Rolle als CEO von S. Fischer wird der erfahrene Verlagsmanager auch erster Ansprechpartner für John Sargent, der im Konzern seit Mitte 2012 die Leitung des Gesamtbereichs Belletristik- und Sachbuchverlage innehat und in dieser Funktion die internationale Zusammenarbeit der Verlagsgruppe stärken soll. Dass mit der erweiterten Verantwortung Bongs auch dessen Gewicht in der Gruppe der deutschen Holtzbrinck-Buchverlage zunimmt, trifft zwar formal nicht zu, ist aber jedem verständigen Beobachter doch evident.
Peter Sillem wird das neue Gesicht für das gesamte Erwachsenen-Programm bei S. Fischer. In seine nun übernommene Rolle des Programmgeschäftsführers konnte er in den vergangenen 15 Monaten als Cheflektor sukzessive hineinwachsen. Sillem, dem Sachbuchexperten, werden mittlerweile exzellente Kontakte in die internationale Literaturszene nachgesagt. Mit seiner neuen Aufgabe kommt dem Programmmacher auch eine erheblich erweiterte Personalverantwortung zu.
Sabine Bischoff als künftige Marketing- und Vertriebschefin tritt im Oktober, wenn man so will, eins zu eins in die Fußstapfen Rosenfelds und damit desjenigen, der sie im großen Haus an der Hedderichstraße von Anfang an gefördert hat. Der Noch-Geschäftsführer kommentiert den bevorstehenden Wechsel und insgesamt die Veränderungen in der Unternehmensspitze entsprechend zufrieden: "Ich bin sehr froh, dass es möglich ist, gute eigene Leute bei uns in Verantwortung und Führungspositionen zu bringen."
An der strategischen Orientierung, die das Haus nach schwierigen Zeiten Anfang des vergangenen Jahrzehnts zu einer wirtschaftlich gesunden Verlagsgruppe hat werden lassen, dürften die Frankfurter auch nach ihrer personellen Neuordnung festhalten. Die Idee, in einer für Literaturproduktion nicht einfacher werdenden Zeit sich als Verlagsgruppe auf möglichst viele Beine zu stellen (Restaurierung des Unterhaltungsbereichs, Gründung FJB, Zukäufe im Kinderbuch), hat sich in den letzten Jahren als ökonomisch hochvernünftige Risikostreuung erwiesen. Rosenfeld leiht sich, um diese Idee auf den Punkt zu bringen, gern die Worte des ehemaligen Fußballtrainers Otto Rehagel: S. Fischer sei und bleibe auf dem Weg der "kontrollierten Offensive". Und hat jetzt mal die Mannschaftsaufstellung umgebaut.