"Mit seinem Gespür für große Autoren war Fritz J. Raddatz in den sechziger Jahren einer der wichtigen Akteure der deutschen Verlagsszene", würdigt Heinrich Rietmüller den Verstorbenen. "Wir werden den streitbaren Literaturkritiker und Intellektuellen, seinen wachen Geist, den Eigensinn und seine Eloquenz vermissen."
Fritz J. Raddatz wurde am 3. September 1931 in Berlin geboren. Er studierte an der Humboldt-Universität im Ostteil der Stadt und legte dort 1953 das Staatsexamen ab. 1958 Promotion, 1971 Habilitation bei Hans Mayer an der Universität Hannover. Von 1953 bis 1958 war er stellvertretender Cheflektor beim DDR-Verlag "Volk und Welt", 1958 kam er in die Bundesrepublik. Zunächst war er beim Kindler-Verlag in München tätig, von 1960 bis 1969 dann stellvertretender Leiter des Rowohlt Verlags, zu dessen Programm er Maßgebliches beigetragen hat: Hubert Fichte, James Baldwin, Walter Kempowski, Rolf Hochhuth, Elfriede Jelinek und viele andere Schriftsteller sind durch ihn für Rowohlt gewonnen worden, so die Mitteilung des Rowohlt Verlags.
Von 1977 bis 1985 war er Feuilletonchef der "Zeit", danach freier Schriftsteller. Mehrere Jahrzehnte lang, von 1969 bis 2011, ist er zudem Vorsitzender der Kurt-Tucholsky-Stiftung gewesen, dessen "Gesammelte Werke" er mehrmals herausgegeben hat, etwa in der zehnbändigen Taschenbuchausgabe von 1975. 1986 ist ihm von Franςois Mitterrand der Orden "Officier des Arts et des Lettres" verliehen worden, 2010 der Hildegard-von-Bingen-Preis für Publizistik. Im September 2014 zog er sich vom aktiven Journalismus zurück, weil er sich nicht mehr für zeitgemäß hielt.
Zu seinen wichtigsten Werken gehören die 2003 erschienene Autobiographie "Unruhestifter" (Propyläen), die 2001 publizierte Gottfried-Benn-Biographie (Propyläen), die Romantrilogie "Eine Erziehung in Deutschland" (Rowohlt) − mit "Kuhauge" (1984), "Wolkentrinker" (1987) und "Die Abtreibung" (1991) − und die 2010 und 2014 veröffentlichten "Tagebücher" (Rowohlt).
Am 27. Februar erscheint im Rowohlt Verlag sein letztes Buch, "Jahre mit Ledig. Eine Erinnerung".
Erste Nachrufe sind etwa bei Spiegel Online und der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen.