Selfpublisher und ihr Image

Der direkte Draht zum Leser

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Die Vorbehalte gegen Selfpublisher halten sich. Nina Rubach und Jan Budde, Studenten der Buchwissenschaft an der Uni Mainz, über Selfpublisher, die gern unabhängig bleiben und Verlage, die neue Aufgaben bekommen - und über Leser, die den direkten Draht zum Autor suchen.

Sie heißen Epubli, bookrix, BoD oder auch NEObooks, doch sind sie inzwischen keine Neuheiten mehr. Längst haben sie sich als Dienstleister für Self-Publisher in der deutschen Buchbranche etabliert – manche mit großen Verlagshäusern im Rücken, andere eigenständig.

Was im Background als Begleitmusik begann und schließlich Zukunftsmusik wurde, ist aktuell Thema in einem Studienprojekt an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, das Studierende in Eigenregie durchführen, um das Studium aktuell, praxisorientiert und flexibel zu gestalten. In sechs Gruppen von vier bis fünf Personen befassen sich die angehenden Mainzer Buchwissenschaftler unter der Leitung von Juniorprofessor David Oels mit den von ihnen gewählten Themen im Bereich „Self-Publishing“. Passend dazu werden die Kursinhalte auf der seminareigenen Webseite (www.spubbles.wordpress.com) gebloggt.

Das Lossagen von bereits bestehenden Strukturen hin zu selbstbestimmenden Mechanismen erfährt zurzeit auch die Buchbranche: Self-Publishing als neuer Weg, um nicht auf der Strecke zu bleiben. Dabei bezieht sich der Wunsch nach Unabhängigkeit auf die derzeitigen Systeme der Buchbranche, die sich hinter dem Begriff des Kulturguts verstecken, um damit Marktanteile zu sichern. Denn Verlage sind nach wie vor die dominierenden Player des Buchmarkts, kontrollierende Institutionen für Qualitätssicherung, die zudem vor einer Überflutung des Marktes schützen.

In einer aktuellen Bitkom-Umfrage sagten 29 Prozent der befragten E-Book-Nutzer, dass der Buchmarkt durch Selfpublishing größer und vielfältiger wird. Trotzdem oder gerade deswegen ringen das Self-Publishing und seine Autoren mit dem Image der Unprofessionalität und mangelnden Qualität.

Die Bitkom-Umfrage ergab auch, ass 24 Prozent die Qualitätskontrolle der Verlage vermissen. Dienstleistungen wie Lektorat, Korrektorat, Design und Satz sind aber längst nicht mehr nur im Verlag zu bekommen, sondern auch bei unterschiedlichsten Dienstleistern – auf die im Übrigen Verlage ebenfalls zurückgreifen. Durch diese Liberalisierung wird am Sockel des Monopols der Etablierten auf qualitativ hochwertige Bücher gesägt. 25 Prozent der Bitkom-Befragten sehen im Selfpublishing ihren persönlichen Geschmack eher getroffen und nur 15 Prozent sind der Meinung, dass auf diese Weise schlechtere Bücher auf den Markt kommen.

In einer Studie von Hilke-Gesa Bußmann und Matthias Matting gaben 61 Prozent der Selfpublisher die größeren Freiheiten bei der Gestaltung und Umsetzung ihrer Bücher als Grund für das unabhängige Publizieren an. Dennoch würden 78 Prozent zu einem Verlag wechseln, wenn die Bedingungen stimmen. Viele erfolgreiche, selbst publizierte Titel wurden erst durch die Vermarktung eines Verlages über die Grenzen einzelner Foren und Fan-Bases hinaus bekannt. Prominentestes Beispiel hierfür ist und bleibt die Serie "Shades of Grey" von E. L. James, welches seinen Ursprung obendrein im Fan-Fiction Bereich hatte.

Verlage haben gegenüber dem Self-Publishing jedoch den Vorteil bereits etabliert zu sein. Ohne eine solche Dachmarke, erweist es sich trotz frei zugänglichem Knowhow und diversen sozialen Medien, die eine größere Nähe zum Leser ermöglichen, immer noch als schwierig bekannt zu werden. Verlage können auch auf lange Sicht weiterhin eine wichtige Rolle auf dem Buchmarkt und in der kulturellen Öffentlichkeit spielen, wenn sie ihre Möglichkeiten nutzen, um zum Beispiel als Repräsentanten des freien Gedankens und der freien Meinung Autor und Leser wieder näher zu kommen. Dafür müssen Verlage verstehen, dass Selfpublishing keine Zukunftsmusik mehr ist, sondern bereits den Taktwechsel der aktuellen Buchbranche eingeläutet hat.