Frage 15
Da wäre zum Beispiel die Novelle „Der Sandmann“. Sigmund Freund beschrieb den Text als Musterbeispiel für „unheimliche“ Literatur überhaupt und machte starke Kastrationsängste darin aus. Kein Wunder, erzählt doch die Mutter des Helden Nathanael diesem in seiner Kindheit immerzu Märchen vom „Sandmann“, der dem Kind die Augen aus dem Leib herausreißen wolle und die „Glieder vom Körper schraubt“. Das ist nach heutigen Erkenntnissen als Einschlafhilfe für sensible Kinder zumindest umstritten. Unheimlich ist auch, wie sich Nathanael später in den Automaten „Olimpia“ verliebt (obwohl er verlobt ist!), der ihm als Tochter seines Professors vorgestellt wird. Was beflügelt die Liaison zwischen Mensch und Holzpuppe?
- Der bettelarme Student möchte sich durch die Heirat mit der Professorentocher vor allem seiner Schulden entledigen. Von Liebe ist gar keine Rede. (AU)
- Nathanael erblickt in der Puppe ein Ebenbild seiner Mutter, die er zugleich liebt und hasst. Als sie vor ihm steht und ihn "herrisch" zum Tanzen auffordert, verliebt er sich in sie. (U)
- Olimpia scheint an seinen feurigen Liebesschwüren interessierter zu sein, als seine Verlobte Clara. Zumindest deutet er deren einzige Antwort: „Ach, ach!“ auf diese Weise. (N)
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