log.os wird vom Börsenverein unterstützt

Das Wissen der Welt, in der Hand von allen

3. März 2015
von Börsenblatt
Der Börsenverein wird Fördermitglied bei log.os – der gemeinnützigen E-Book-Plattform, die eine große Vision verfolgt und 2015 in die Betaphase gehen soll.

"Wem gehört die Zukunft?", fragt Friedenspreisträger Jaron Lanier in seinem gleichnamigen Buch, das den neuen "digitalen Kapitalismus" kritisiert. Vielleicht und im vermutlich bes­ten Fall gehört sie ja log.os, der gemeinnützigen E-Book-Plattform, die Onkel & Onkel-Verleger Volker Oppmann gemeinsam mit Helfern seit 2013 an den Start schiebt – um eine von der Gesellschaft getragene Alternative zu kommerziellen Anbietern wie Amazon zu schaffen.

Was die Nutzer bei log.os erwarten könnte, ist derzeit unter www.wem-gehoert-die-zukunft.de zu besichtigen: Laniers Buch (Hoffmann und Campe) lässt sich auf der Website digital lesen, kommentieren, teilen. Der Börsenverein hat dafür auch Laniers Friedenspreisrede zur Verfügung gestellt. Oppmann betont jedoch, dass dieser Prototyp bislang nur einen kleinen, sehr unvollkommenen Ausblick auf die ausgereifte E-Book-Lösung geben kann, die neben den digitalen Titeln auch Social-Reading- und Selfpublishing-Tools, Nutzer- und Werkprofile umfassen soll.

Politik der kleinen Schritte

Zur Leipziger Buchmesse will Oppmann Details präsentieren, zur Frankfurter Buchmesse soll dann eine Betaversion von Log.os stehen. Oppmann und die weiteren log.os-Vordenker verfolgen bei dem Projekt eine Politik der kleinen Schritte, aber auch eine große Vision: log.os soll zur vernetzten Universalbi­bliothek werden, die zugleich ein Marktplatz für Bücher ist, auf dem sich Leser, Buchhändler, Verleger, Institutionen austauschen.

Die Plattform soll eines Tages das kollektive Buchwissen der Menschheit und die Kommunikation darüber versammeln: »Wir schreiben das Jahr 2040. log.os ist die erste Adresse für Bücher im Netz und Synonym für digitales Lesen. Unsere Services gehören zu den weltweit fünf meistgenutzten Angeboten und werden ebenso selbstverständlich genutzt wie im Jahr 2014 Google für die Suche oder Wikipedia für Informationen.« Soweit der Zukunftsentwurf.

Rückenwind durch die Amazon-Debatte

Damit er Wirklichkeit werden kann, ist noch ein weiter, hürdenreicher Weg zurückzulegen. Das ist Oppmann bewusst. Aber er merkt, dass die Idee, die auf dem Reißbrett sehr durchdacht und in viele Einzeletappen zerlegt ist, nicht zuletzt dank der aktuellen Debatte über Big-Data-Risiken und Amazons Geschäftsgebaren kräftig Rückenwind bekommt.

An diesem Samstag tagen die derzeit 70 Mitglieder des Fördervereins, der für das Projekt gegründet wurde und später von einer Stiftung abgelöst werden soll. Die Hauptversammlung wird unter anderem über die Gründung einer Unternehmergesellschaft (UG) entscheiden, die den wirtschaftlichen Rahmen für den log.os-Start schafft, als "kleine Schwes­ter" der GmbH, die durch die erforderliche Stammeinlage von 25 000 Euro derzeit schlichtweg zu teuer wäre. "Die große Herausforderung: ein wettbewerbsfähiges Produkt, das sich mit Amazon & Co. messen kann. Wir müssen wie ein normales ­Wirtschaftsunternehmen handeln, ohne eines zu sein", so Volker Oppmann.

Das Startkapital soll aus Fördergeldern und Spenden kommen. Steht die UG, will sich das log.os-Team auf Gesellschaftersuche für den Ausbau zur Co. KG machen. Zu den Unterstützern gehören Bastei Lübbe, Umbreit, C. H. Beck, Oetinger – und jetzt auch der Börsenverein.

Der Verband tritt dem Förderverein bei, "weil es eine intelligente, aus der Branche heraus geborene Initiative ist, die ein Netzwerk mit einer Vielzahl von Anbietern bildet und sich von der Monokultur absetzt", so Vorsteher Heinrich Riethmüller. "Mit dem Beitritt wollen wir deutlich machen, dass es für die Buchbranche wichtig ist, Initiativen und ­Zusammenschlüsse zu unterstützen, die vorgegebene Pfade verlassen, um kulturelle Vielfalt zu fördern". Oppmann wiederum erhofft sich davon eine "Signalwirkung" für die Branche. "Wenn wir demnächst in die Betaphase gehen, wird das, was bis jetzt nur auf dem Papier steht, für alle greifbarer."

 Das Großprojekt log.os

  • Ziel: Der Aufbau einer unabhängigen, am Gemeinwohl ausgerichteten E-Book-Plattform, "die nicht durch Wirtschaftsinteressen korrumpiert oder durch kommerzielle Wettbewerber übernommen werden kann".
  • Struktur: Langfristig soll eine Stiftung treuhänderisch sämtliche Daten und Rechte verwalten, eine GmbH die Geschäfte nach den Prinzipien der "Gemeinwohlökonomie" führen, eine KG die wirtschaftliche Auswertung und Frontend-Entwicklung übernehmen.
  • Zeitplan: Der 2013 gegründete Förderverein (derzeit 70 Mitglieder) entscheidet am 22. November über die Strategie. Anfang 2015 soll eine Unternehmer-gesellschaft den wirtschaftlichen Grundstein für log.os legen. Die Umsetzung des Gesamtprojekts ist auf zehn Jahre angelegt, unterteilt in Teiletappen, die als Prüfsteine für das Konzept dienen.