Neu im Regal - Lesetipp der Woche

Im hellsten Punkt des Scheinwerferlichts

3. März 2015
von Börsenblatt
Was fällt Ihnen zum Deutschen Buchpreis ein? "Pickel, Armut und Eifersucht", so die spontane Antwort von Autor Pierangelo Maset, der 2007 mit "Laura oder die Tücken der Kunst" auf der Longlist stand. Was andere Schriftsteller sagen - und wie die Auszeichnung den Literaturbetrieb verändert hat: All das lässt sich in dem neuen Buch "Spiel, Satz und Sieg. 10 Jahre Deutscher Buchpreis" nachlesen.

Die beiden Herausgeber Ingo Irsigler und Gerrit Lembke betrachten den Preis aus vielen Perspektiven, versammeln kurze Autorenstatements, aber auch ausführliche Interviews, etwa mit Uwe Tellkamp, der den Deutschen Buchpreis 2008 mit seinem Dresden-Roman "Der Turm" gewann.

Hat sich sein Schreiben durch die Auszeichnung verändert? Durchaus, räumt Tellkamp ein: "Durch die Öffentlichkeit und Beobachtung, unter der ich plötzlich stand, habe ich für eine gewisse Zeit meine Unschuld verloren. Ich habe beim Schreiben das Publikum mitgedacht". Hätte Kafka eine Chance gehabt, den Buchpreis zu gewinnen? Tellkamps Antwort: "Na, das will ich hoffen. Aber wer weiß...".

Neben den Erfahrungen der Autoren beleuchtet das Buch unter der Überschrift "The Winner takes it all" die Macht der Verkaufszahlen. Denn: Der Buchpreis macht Bestseller. "Dieser Effekt gilt zwar hauptsächlich für diejenigen, die im hellsten Punkt des Scheinwerferlichts stehen, aber der Lichtkegel ist breit genug, um auch die anderen Shortlistkandidaten glänzen zu lassen", so das Fazit.

Das betrifft den heimischen Markt wie das Lizenzgeschäft. Nach der Shortlistnominierung von Rolf Lapperts Roman "Nach Hause schwimmen" 2008 bekam Hanser aus dem Stand 40 Anfragen ausländischer Verlage. Für Julia Francks Siegerbuch "Die Mittagsfrau" (2007) wurden 36 Lizenzverträge abgeschlossen, die UFA-Tochter Teamworx sicherte sich die Filmrechte.

"In diesen Zahlen dokumentiert sich die Machtposition des Preises als Branchen-Primus, die aber nicht nur ökonomischer Natur ist, vielmehr hat der Deutsche Buchpreis immensen Einfluss auf die Art und Weise, wie die deutsche Gegenwartsliteratur im In- und Ausland wahrgenommen wird", so die beiden Herausgeber in ihrer einführenden Analyse: "Damit kommt neben der Förderung von AutorInnen und der Vermarktung von Büchern eine weitere Funktion ins Spiel: eine literaturpolitische."

Die 15 Beiträge, die sich an diese Einführung anschließen, zeichnen ein fundiertes, aber auch ein funkelndes Porträt des Preises, seiner Preisträger und der ausgezeichneten Romane. Dazu gehört die Kritik am Deutschen Buchpreis ebenso wie sein Ritualcharakter - und nicht zuletzt die Selbst- und die Fremdinszenierung der Autoren auf der Buchpreis-Bühne.

Das Werk zum 10. Buchpreis-Geburtstag ist, wie die Herausgeber schreiben, "aus dem Geist einer Vorlesungsreihe an der Kieler Christian-Albrechts-Universität heraus entstanden". Akademisch geschrieben ist es deshalb noch lange nicht - und das war ein erklärtes Ziel. Viele Studenten haben an dem Projekt mitgearbeitet, das Ergebnis: ein oft unterhaltsames, immer aber erhellendes Lesebuch über den deutschen Literaturbetrieb und einen Preis, der Autorenkarrieren und Markterfolge mitprägt, seitdem er aus der Taufe gehoben wurde. Und der sich damit einen besonderen Platz im Literaturpreisgefüge der Republik gesichert hat.

Ingo Irsigler, Gerrit Lembke (Hrsg.): "Spiel, Satz und Sieg. 10 Jahre Deutscher Buchpreis". Berlin University Press, 272 S., 19,90 Euro

cro