Lesetipp: "Süddeutsche Zeitung" vom 22. Oktober 2014, Seite 3

"Es gibt Angebote, die Amazon nicht schaffen kann"

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Johannes Boie hat für die "Süddeutsche Zeitung" das jüngste deutsche Logistikzentrum von Amazon in Brieselang besucht. Die Reportage auf der Seite 3 ist Ausgangspunkt für eine Betrachtung über die zukünftige Handels- und Einkaufswelt, die die Gesellschaft grundlegend verändern wird – aber auch Menschen dazu bringt, bewusst "ohne Amazon" zu leben.
Leiter des Logistikzentrums in Brieselang ist ein früherer Kompaniechef der Bundeswehr, der bereits drei Lager für Amazon aufgebaut hat. Auf 65.000 Quadratmetern finden sich im Brieselanger Lager alle Artikel, die Amazon-Kunden wünschen: vom Kosmetikspiegel über die Druckerkartusche bis zum Buch. Die Waren werden computergesteuert abgelegt und zu Lieferungen zusammengefasst.

Mit Amazons Wachstum steigt der Druck auf den Einzelhandel, ganz gleich ob er nur stationär oder auch im Internet Waren verkauft, so der Artikel. Ein junger Unternehmer, dem Amazon das Angebot gemacht hat, auf dem Amazon Marketplace zu verkaufen, sagt, was für ihn auf dem Spiel steht: "Wenn ich das Angebot von Amazon ablehne, verliere ich viel. Wenn ich es annehme, verliere ich alles." Er lehnt das Angebot schließlich ab.

Zwei Millionen Verkäufer hätten sich, so die "Süddeutsche", inzwischen dafür entschieden, ihre Waren auf Amazons Marketplace anzubieten. "Amazon ist zum Markt geworden." Ein Markt, auf dem sich auch Verlage und Buchhändler tummeln. Helge Malchow, der Verleger von Kiepenheuer & Witsch, kommt auch zu Wort, aber nicht als Vertreter der "alten Welt". Er freue sich darüber, "dass er schon 15 Prozent seines Umsatzes ohne Papier macht, ohne Druckerschwärze, Lesebändchen und Schutzumschlag, stattdessen mit digitalen Texten". Dass Amazon im deutschen Buchhandel noch kein Monopolist geworden sei, verhindere die Preisbindung.

Doch das Buchwunderland tut sich in Boies Artikel nicht bei Amazon auf. Denn den Kunden, die Bücher nur bei Amazon bestellen, entgeht Einiges. Und viele haben längst erkannt, dass sie in Buchhandlungen mit ihren Wünschen besser aufgehoben sind – wofür auch das Umsatzplus 2013 spricht, das kleine, unabhängige Sortimente erzielt haben. Sie hätten begriffen, heißt es im Artikel, dass es Angebote gibt, die Amazon nicht schaffen kann: "physikalische Bücherregale voll herrlicher Bände, Gespräche, Kaffee." Es wisse aber niemand, ob das reicht. Es sei "jetzt an den Käufern, zu entscheiden".