Leseprojekt für mehr Chancengleichheit

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Der Börsenverein startet mit der Nassauischen Heimstätte in Frankfurt-Fechenheim den "Bücherspielplatz" - ein Lern- und Lesekonzept für Vor- und Grundschüler, die in dem Stadtteil leben.

Beim "Bücherspielplatz" stehen regelmäßig Autorenlesungen, Spiele, Vorleserunden, Schreibwerkstätten, Bastel- und Malnachmittage sowie Ausflüge auf dem Programm – abwechselnd im Familienzentrum in der Pfortenstraße und im Stadtteiltreff "Unser Dieter" in der Bürgeler Straße.

Zum Auftakt war jüngst Illustrator und Kinderbuchautor Alexander Steffensmeier in Fechenheim zu Gast. Er brachte die Kuh Lieselotte mit, die sich überall versteckt, um den Postboten zu erschrecken – jedes seiner liebevoll gezeichneten Bilder, die Steffensmeier im Kinder- und Familienzentrum Fechenheim an die Wand projizierte, wurde von den rund 50 jungen Zuhörern eifrig aufgenommen, kommentiert und beklatscht. Die Begeisterungsfähigkeit der Kinder im Umgang mit Büchern sei bei dieser außergewöhnlichen Lesung deutlich zu spüren gewesen, heißt es in einer Mitteilung des Börsenvereins.

"Ein Feuer entzünden für mehr Entdeckergeist"

Für Oberbürgermeister Peter Feldmann, zugleich Schirmherr des "Bücherspielplatzes", steht die Aktion für "Chancengleichheit und Förderungsgemeinschaft". Fechenheim gehöre zu den wenigen Vierteln in Frankfurt, die noch einen Buchladen und ein Kino besitzen würden. "Ich glaube, dass wir hier ein Feuer entzünden können, Lesefreude und Entdeckergeist wecken und dadurch letztlich Benachteiligte besser fördern." 

Die Nassauische Heimstätte verwaltet in Fechenheim über 1.200 Wohnungen, hessenweit zählt das Unternehmen mehr als  60.000 Einheiten zu seinem Bestand. Sollte sich das Pilotprojekt im Frankfurter Osten als erfolgreich erweisen, will die Wohnungsgesellschaft das Angebot langfristig auch auf andere Stadtteile der Mainmetropole ausdehnen. Im Idealfall sei das Konzept sogar auf weitere Städte in Hessen übertragbar. "Vielleicht", so der Traum von Börsenvereins-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis, "gibt es bald ganz viele Bücherspielplätze." Lesen sei eine "notwendige Kulturtechnik, um das Leben zu meistern, ja sogar, um überhaupt an der Welt teilzuhaben".

Mieter aus über 100 Nationen leben in den Wohnungen der Nassauischen Heimstätte. "Mit dem ‚Bücherspielplatz‘ möchten wir schon die Kleinen möglichst früh an die deutsche Sprache und Kultur heranführen", sagt Geschäftsführer Constantin Westphal. Es werde aber auch Lesungen in verschiedenen Sprachen geben, um möglichst viele Bewohner anzusprechen. 

Aus pädagogischer Sicht erläuterte Birgit Suchhardt, Leiterin des Kinder- und Familienzentrums, die Rolle des neuen "Bücherspielplatzes". Das Zentrum unterstütze Familien aus vielen verschiedenen Ländern bei der Aufgabe, dem Nachwuchs den bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen. Ein Schwerpunkt dabei sei die Sprachförderung, insbesondere der Erwerb der deutschen Sprache. "Beim Lesen verschaffen sich junge Menschen Wissen, setzen sich auseinander mit fremden Welten und überprüfen ihre eigene Sicht auf die Umwelt", so die Erfahrung der Pädagogin. Lesekompetenz sei zudem der Schlüssel zum Erfolg in Schule und Beruf.