Ausländische Kinderbuchmärkte

Dieses Buch könnte für Deutschland interessant sein

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Welche Buchtitel ausländischer Jugendbuchverlage könnten hierzulande interessieren? Wir haben sechs Lektoren und Verleger gefragt, die zum 17. Fellowship Programm der Frankfurter Buchmesse nach Deutschland kommen werden: Antworten aus Italien, Libanon, Mexiko, Thailand, Serbien und Brasilien.
Und sie berichten, welche Lizenzländer für sie wichtig sind und welche Lesestoffe die Verlage ihres Landes derzeit suchen.

Ivana Bojovic Grujic, verantwortlich für Lizenzen bei Kreativni Centar, Serbien: Ein Einzeltitel hat es manchmal schwer. Deshalb möchte ich die Aufmerksamkeit auf unsere vielversprechende und stetig wachsende Sachbuch-Reihe „Learn and Try“ („Lerne und versuche“) für Kinder von neun bis zwölf Jahren lenken. Bislang besteht sie aus neun Titeln aus den Bereichen Paläontologie, Meteorologie, Film, Theater, Botanik, Architektur, Archäologie und Psychologie. Die Kinder lernen viel, auch was verschiedene Berufe betrifft, und können zahlreiche Experimente allein und gefahrlos zu Hause durchführen. Die Rechte wurden u.a. schon nach China, Portugal und die Türkei verkauft.

Wir haben bislang für etwa 90 Titel mehr als 330 Rechte in alle Welt verkauft. Der Verlag Panamericana aus Kolumbien beispielsweise kauft fast alles unsere Rechte, aber auch russische oder chinesische Verlage sind gute Partner. „Sex für Einsteiger“ (Klopp) ist einer unserer Bestseller, der v.a. in der westlichen Welt erfolgreich war.

Wir suchen v.a. Romane für Kinder ab 9 Jahren bis hin zu 15 plus. Wir bevorzugen literarische Qualität, die möglichst mit Preisen ausgezeichnet wurde. Die Geschichten sollen realistisch sein und nahe an der Erlebniswelt der Zielgruppen. Fantasy oder Dystopien haben bei uns keine Priorität.

 

Giordano Aterini, Lektor bei RCS Rizzoli Ragazzi, Italien: „Batti il muro“ („Schlag die Wand“) von Antonio Ferrara erzählt die wahre Geschichte von Caterina, einem kleinen Mädchen in den 1970er Jahren. Caterina lebt mit ihrer geistig gestörten Mutter, die ihre Tochter jeden Nachmittag ins Klo sperrt. Das könnte der Beginn einer Tragödie sein, aber Caterina nimmt ein Buch mit, das ihr hilft, die vielen einsamen Stunden zu überstehen. Caterina ist heute eine junge Frau - und eine hervorragende Buchhändlerin. Die Geschichte erzählt poetisch davon, wie Bücher uns retten können.

Es ist schwierig, sich an Bestsellern zu orientieren, aber nach John Greens Erfolg sprechen inzwischen einige Zeitungen hier vom “Trend zur Gegenwart” im Gegensatz zur dystopischen Literatur, angeführt von Suzanne Collins. Unsere Kinder- und Jugendbücher verkaufen wir gut in Länder, die Italien ähnlich sind (Spanien, Frankreich, Portugal, Griechenland). China, Japan und Taiwan sind gute Partner für unsere Bilderbücher. 

Joanna el Mir, Lektorin bei Samir Éditeur, Libanon:  Ralph Doumit ist ein junger, französischsprachiger Autor und Illustrator aus Libanon. Sein Buch „Le trèfle et les quatre royaumes” („Der Klee und die vier Königreiche”) ist eine authentisch erzählte Geschichte: Ausgehend von einem Kartenspiel entstehen vier Königreiche, die von eitlen Königen und gewitzten Königinnen regiert werden. Ein Ritter und eine Gruppe von furchtlosen und friedfertigen Träumern werden einen bevorstehenden Krieg verhindern.

Der arabische Sprachraum braucht zurzeit vor allem gute Jugendliteratur. Es ist allerdings schwierig, Romane für Heranwachsende zu finden, die sich gut aus Europa in die arabische Welt transportieren lassen. Die kulturellen Unterschiede sind sehr groß. Es ist aber nicht unmöglich und ich hoffe, dass wir einige deutsche Titel finden werden, die wir veröffentlichen können.

Wir veröffentlichen getrennt Bücher auf Französisch und Arabisch. Problematisch ist es beim Arabischen: Bis auf einige wenige Ausnahmen wird kaum ein arabisches Kinder- und Jugendbuch in europäische Sprachen übersetzt. Ich beobachte die allgemeine Überzeugung in der arabischen Welt, dass Europa nicht willens oder bereit ist, aus dem Arabischen zu übersetzen.

Camila Werner, Lektorin bei Brinque-Book Escarlate, Brasilien: Unser Buch „Até as Princesas Soltam P um“ („Auch der Furz der Prinzessin“) von Illan Brenman ist schon in vielen Ländern erschienen, aber noch nicht in Deutschland.

Wir veröffentlichen Bilder- und Kinderbücher, manche speziell für die Schule und suchen auch im Ausland nach guten Novitäten. Rechte unserer Autoren wurden schon nach Portugal, Italien, Dänemark, Korea, Spanien und Schweden verkauft.

Yeana González, Programmleiterin bei Ediciones B, Mexiko: „Black Boy” („Schwarzer Junge”) aus der Serie „Antisocial” ist ein Jugendroman von A. del Val. Er erzählt die Geschichte von List, der eine seltsame Nachricht von Carlitos bekommt, einem Freund Lists, der schon vor drei Monaten bei einer Schießerei starb. List und seine Freunde wollen das Geheimnis um Carlitos‘ Tod lüften und ihn rächen. Sie können sich nicht vorstellen, wie schrecklich die Wahrheit ist, die sie entdecken werden. Werden sie in der Lage sein, Carlitos zu rächen?

Wir verkaufen unsere Rechte vorwiegend nach Argentinien, Kolumbien, Chile, Uruguay, Venezuela und USA. Wir suchen gute Romane und Sachbücher für Jugendliche. Wir sind v.a. auch an Serien interessiert aus den Genres Fantasy, Thriller, Chick Lit und paranormale Geschichten.

 

 

Kim Chongsatitwatana, Stellvertretende Verlagsleiterin bei Nanmeebooks, Thailand:  „Keaw the Naughty“ („Keaw, die Freche“) von HRH Princess Mahachakri Sirindhorn, unserer geliebten Prinzessin von Thailand. Sie schrieb diesen Text als Jugendliche. Es geht um das Mädchen „Keaw“ und ihre unersättliche Neugier. Das Buch erlaubt gute Einblicke in Brauchtum und Traditionen Thailands.

Der Buchmarkt in Thailand ist zuletzt nur minimal gewachsen. Allerdings ist das Kinder- und Jugendbuch von der schwachen Wirtschaftslage nicht so betroffen wie andere Gattungen. Deshalb sind unsere Verlagsumsätze gewachsen, wenn auch nicht so stark wie geplant. Wir kaufen v.a. Rechte. Rund 80 Prozent unserer Titel (zurzeit sind 3500 Bücher von Namebooks lieferbar) sind Lizenzen aus dem Ausland. Wenn wir Rechte verkaufen, dann v.a. für Bilder nach Taiwan und China. Wir haben aber auch schon Rechte für eigene Jugendbücher nach Italien oder Japan verkauft.

Ich suche nach „books with gimmick“: besondere Bücher, die mit einem ausgefallenen Konzept überraschen, die beispielsweise die Leser zu eigenen Aktivitäten anregen. Bücher, die lesefaule Kinder wieder stimulieren, weiter zu lesen, weil die Texte, die Bilder, das Layout oder das Format so originell und witzig sind. Ich suche also nach Büchern mit Zusatznutzen für die Leser.