Interview mit Stefan Noppenberger, Ausbildungschef bei real

"Stellen Sie direkten Kontakt her"

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Wie finde ich geeignete Auszubildende und was macht eine gute Ausbildung aus? Diese Fragen stehen im Zentrum der 4. Personal- und Ausbildertagung am Mittwoch, 14. Mai, auf dem Mediacampus Frankfurt. Stefan Noppenberger, Abteilungsleiter Personalmarketing der real,-SB-Warenhaus GmbH, wird den Eröffnungsvortrag halten.

Herr Noppenberger, welche Anstrengungen sind heutzutage notwendig, um geeignete Auszubildende zu finden?Heute muss man genau den Nerv der Zielgruppe treffen. Im Erstkontakt braucht man gar nicht so inhaltslastig zu sein, sondern muss erreichen, dass die jungen Leute einen als Arbeitgeber wählen. Dann kann man informieren, was macht ein Verkäufer, was macht ein Fleischer. Man muss auch nach Zielgruppen Ausschau halten, an die man vor fünf, sechs Jahren nicht herangetreten wäre, weil sie mehr Aufwand in der Ausbildung bedeutet hätten. Wenn jemand nicht so stark in Mathematik oder Deutsch ist oder soziale Schwächen hat, sind wir als Unternehmen gefordert, zu schauen, wie bekommt man diese Leute, salopp gesagt, wieder auf Spur.

In welchen Sparten ist es besonders schwierig, Auszubildende zu finden?Wir bemerken einen sehr großen Unterschied zwischen der kaufmännischen und der handwerklichen Ausbildung. Wenn wir heute in eine Schulklasse gehen und sagen, wir stellen Euch das Berufsbild Fleischer vor, können wir froh sein, wenn sich überhaupt jemand meldet, der sich das anhören möchte. Dagegen klingt Kaufmann im Einzelhandel schon etwas hochwertiger. Nichtsdestotrotz rangiert der Einzelhandel bei der Wahl des Arbeitgebers nicht auf den ersten Plätzen. Das merken wir auch bei den Bewerbungen. Es sind eher die Leute, die ihren Wunschausbildungsplatz nicht finden. Samstagsarbeit und lange Öffnungszeiten steigern natürlich auch nicht die Attraktivität des Handels als Arbeitgeber.

Über welche Plattformen können Einzelhändler potentielle Auszubildende auf sich aufmerksam machen?Auf Facebook, Twitter und Co kann man Informationen streuen, erreicht viele und der ein oder andere bleibt auch hängen. Aber für den Handel ist es viel wichtiger, direkten Kontakt zu den jungen Leuten herzustellen.

Also in die Schulen zu gehen?Das ist die beste Variante, um zu zeigen, dass die Arbeit im Handel und speziell im Lebensmitteleinzelhandel Spaß macht. Junge Leute sind begeistert, mit anderen zusammen zu arbeiten. Wenn wir Schulklassen einladen, finden die das toll, einfach mal Ware über die Scanner-Kasse zu ziehen oder gemeinsam einen Fleischkäse zu produzieren. Über die tägliche Arbeit bekommen sie den Zugang und merken, oh, das kann ja doch Spaß machen.

Diese Möglichkeit könnten Buchhändler ja auch nutzen, etwa einzuladen, ein Schaufenster mitzugestalten …Ganz genau, die jungen Leute müssen was machen. Wenn Schulklassen bei uns sind, veranstalten wir schon mal ein Hubwagen-Rennen. Den Schülern gefällt es, mit einem Handwagen mit Palette durch den Laden zu rennen. Wichtig ist, dass sie hinterher rausgehen und sagen: Der Tag hat Spaß gemacht. Wenn die Begeisterung da ist, erhalten wir auch den Zugang, Inhalte zu vermitteln.

Wie gelingt es denn, Theorie und Praxis in der Ausbildung gut zu verknüpfen?Sie brauchen auf jeden Fall Ausbilder, die die jungen Leute begleiten, Inhalte vermitteln und, viel wichtiger noch, Vertrauen aufbauen. Die klassischen Ausbildungsinhalte wird heutzutage jeder Betrieb mehr oder weniger gut vermitteln. Wichtig ist, den jungen Leuten Chancen zu geben, zu zeigen, was in ihnen steckt.

Welche Best-Practice-Beispiele können Sie geben?20 Auszubildende aus einer Region übernehmen bei real in einer Projektwoche die komplette Frischetheke. Wir stellen in manchen Märkten auch bis zu 100 frische Produkte selber her. Die jungen Leute leiten eine Woche lang die komplette Abteilung und entwickeln sich dabei rasant. Wenn sie Verantwortung tragen, können sie auch besser Prozesse für sich nachvollziehen.

Wie sehen Zukunftsprognosen aus, was müssen Einzelhändler besonders beachten?
Die Schulnoten werden immer mehr in den Hintergrund treten und die sogenannten Soft Skills, also soziale Faktoren wie offen auf Leute zuzugehen, sich artikulieren können und ins Team passen, werden immer wichtiger werden. Wir müssen die Attraktivität der Berufe betonen und die schnellen Aufstiegsmöglichkeiten im Vergleich zur Industrie. Und Einzelhändler müssen sich Gedanken machen, wie sie ihre fertig ausgebildeten Fachkräfte mit guten Abschlüssen zu Leistungsträgern machen. Die jungen Leute heute sind sich sehr bewusst, dass sie Mangelware sind. Wir müssen uns mit Qualifizierungs­angeboten, die allgemeingültig sind, als Arbeitgeber attraktiv halten.

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