Buttons gegen "Masseneinwanderungs-Initiative"

Entzückend! Auftritt Schweiz verzaubert Leipzig

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Das Schauspielhaus gehört den Schweizern, Schweizer Autoren, Illustratoren und Originale bespielen die Bühnen auf der Messe und in der Stadt. Die Eidgenossen legen in Leipzig einen liebenswerten Auftritt hin - inklusive Diskussion und Aktion gegen den Volksentscheid vom 9. Februar.

Die Tram, die roten Bänke, das Programm im Schauspielhaus, die großzügige Buchausstellung Schweizer Verlage, die vielen, kleinen, feinen Aktionen, wie zum Beispiel das Werken für Kinder mit dem Schweizer Taschenmesser am Samstag vor der Buchmesse - der Auftritt Schweiz kommt in Leipzig sehr gut an. Auch die mediale Aufmerksamkeit ist enorm. Gut für die Schweizer Literatur - ihr Anteil ist mit 2,3 Prozent am deutschen Buchmarkt (Österreich: acht Prozent) nämlich durchaus ausbaufähig.

In Leipzig zeigt sich die kleine Schweiz als weltoffenes Land. Das "Ja" des Volksentscheids zur sogenannten "Masseneinwanderungs-Initiative" der Schweizerischen Volkspartei SVP vom 9. Februar hat die Organisatoren des Auftritts nicht aus dem Konzept gebracht. Doch hat der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV am Messedonnerstag eine Podiumsdiskussion ins Programm gehoben, die sich mit dem "Unbehagen im Kleinstaat" nach dem Volksentscheid beschäftigte. Es diskutierten - wenig kontrovers - die Autoren Lukas Bärfuss und Jonas Lüscher, die Verlegerin Sabine Dörlemann und Wolfgang Koydl, Schweiz-Korrespondent der "Süddeutschen Zeitung".  

"Grassierender Populismus"

Die Initiative sieht unter anderem vor, den Zuzug von Ausländern in die Schweiz zu kontingentieren und den Familiennachzug zu erschweren. Wie konnte eine Mehrheit von 50,3 Prozent dem zustimmen? Es werde an einer nationalstaatlichen Konstruktion festgehalten, die nicht mehr in die Zeit passe. "Der Populismus grassiert überall bei uns", sagte Lukas Bärfuss. Jonas Lüscher sieht das Abstimmungsergebnis in der Fokussierung auf Wirtschaftsfragen begründet. Der Journalist und Schweiz-Kenner Wolfgang Koydl machte die Ignoranz der Politik für das Abstimmungsergebnis verantwortlich: "Es wird nicht auf die Probleme der Leute reagiert, zum Beispiel auf die Pendler-Problematik im Tessin", sagte er. Führt die Überforderung durch die Globalisierung zu einem Rückzug in den Nationalismus? Der neue Nationalismus sei eher eine Art von Regionalismus, meinte Koydl. Und Sabine Dörlemann, in Deutschland geborene Verlegerin mit Schweizer Pass, sieht sich seit dem 9. Februar gar mit der Frage konfrontiert, warum sie als Deutsche einen Verlag in der Schweiz habe.

"Ich bin 49,7-prozentig" 

Für die Runde ebenso wie für den SBVV-Geschäftsführer Dani Landolf, der die Diskussion moderierte, war der 9. Februar ein schwarzer Tag. "Ich bin stolz auf eine offene Schweiz, profitiere von dem Miteinander", sagte er. Die Schweizer Kulturszene habe in der ganzen Geschichte keine gute Figur gemacht, sagte Bärfuss.  In Leipzig sieht man nun viele Schweizer mit Buttons auf denen steht "Ich bin 49,7-prozentig" oder "Besuchen Sie die Schweiz! Solange es noch geht". Initiitert wurde die Aktion vom Verband Autorinnen und Autoren Schweiz (AdS).