Novitäten

Schnaps, das war ihr letztes Wort

3. März 2015
von Regine Meyer-Arlt
Schräges Personal, merkwürdige Hobbys, bizarre Begegnungen - immer mehr Krimis verbinden Verbrechen mit Witz und Humor. Neue Krimis mit Blödelpotenzial. 

Eva trägt Lackhose, eine »Sex-Pistols«-Mütze, sieht japanische Pornofilme und nimmt im pinken Kleid an der Christopher-Street-Day-Parade in Köln teil. Bestattungsunternehmer Viktor ist chaotischer Weltenbummler mit Hang zu Bequemlichkeit und unkonven-tionellen Ideen. Bauer Muck Halbritter dagegen hat eigentlich genug mit seiner kranken Tochter, dem abtrünnigen Sohn, dem spleenigen Schwiegervater und mit seinen Schafen und Hühnern zu tun, als er unversehens auf ein Mordopfer stößt.

Der Ermittler von heute ist eine Persönlichkeit mit reichlich Ecken und Kanten, er fällt durch sein eher extravagantes Privatleben auf. Das darf auch gern übertrieben werden - etwa, wenn Kommissarin Eva zu Beginn der Handlung in »Blutspur unter fetten Hennen« von Marina Barth als mitleiderregende Schnapsleiche eingeführt wird (Knaus, 256 S., 14,99 Euro, ET: 20. Februar). Doch die Komik in der Figurenzeichnung ist nur ein Stilmittel im Satire-Krimi, einem Untergenre des Krimis, das sich derzeit wachsender Beliebtheit erfreut.
Situationskomik ist ein weiteres. Folgerichtig hergeleitet hat beispielsweise Autorin Tessa Korber in »Zum Sterben schön« die Umstände der pathologischen Untersuchung in Viktors firmeneigenem Leichenkeller: Während die Leichenstarre eines Mord-opfers nachlässt und der Körper unanständige Geräusche von sich gibt, lässt ein Schwächeanfall Viktors Freundin mit den Haaren in Reste von Wasserstoffperoxid fallen (btb, 288 S., 9,99 Euro, ET: 14. April). Was für eine schön absurde Gleichzeitigkeit!
Ein Brathendlverkäufer, der von Hendlspießen durchbohrt in seiner Verkaufsbude liegt - auch das ist originell (Ida Ding, »Hendlmord«, Rowohlt, 286 S., 9,99 Euro, ET: 1. Februar) Dazu lockern süße kleine Zeichnungen vom bäuerlichen Leben des ermittelnden Bauers Halbritter die Mordgeschichte um den zwielichtigen Hendlbräter auf. Der Protagonist bekommt es bei seinen Nachforschungen mit dem Seniorenklub »Gemeinsam dabeisein« zu tun.

Rüstige Rentner spielen auch tragende Rollen in dem neuen Ellen-Berg-Roman »Zur Hölle mit Seniorentellern!« (Aufbau, 288 S., 9,99 Euro, ET: 16. Mai). Es ist der sechste Unterhaltungs-roman der Allgäuer Autorin. Ihre Geschichten handeln von menschlichen Abgründen, Gemeinheiten und Rachegelüsten - die auch mal mit Mord und Totschlag enden können. In dem neuen Buch, das in einer Startauflage von 75 000 Exemplaren erscheint, flieht die 70-jährige Elisabeth aus dem Seniorenheim. Die rüstige Alte fühlt sich zu fit fürs Abstellgleis und entwickelt mit gleichgesinnten Senioren ungeahnte kriminelle Energie: Die Truppe überfällt einen Geldtransporter.

Dass man älter wird, merkt man, wenn man an regelmäßigen Klassentreffen teilnimmt. Das steht auch Kommissar Jennerwein bevor, doch im mittlerweile sechsten Alpenkrimi von Jörg Maurer (»Felsenfest«, Scherz, 432 S., 16,99 Euro, ET: 6. März) steht das Treffen unter keinem guten Stern: Es gilt, vorher noch eine mysteriöse Geiselnahme auf dem Berggipfel aufzuklären. Maurers dezenter Humor trifft vor allem die schrägen -Typen des Abi-Jahrgangs 82 / 83, die sich mehr zu hassen als zu lieben scheinen, aber dennoch nicht voneinander loskommen. Mörderisch unterhaltsam, das Ganze!