Neu im Regal: Lesetipp der Woche

Blick über den Tellerrand

3. März 2015
von Börsenblatt
Das Thema Essen ist ungemein populär – unzähligen Kochsendungen im Fernsehen und die Novitätenproduktion im Kochbuchsegment sprechen dafür. „Mahlzeit, Deutschland!“ ist der Titel des jüngsten Buchprojekts des Fotografenverbandes FREELENS. 187 Fotografen haben dafür in Deutschland Motive zum sehr weit gefassten Thema "Essen" gesucht. Und da ist einiges – und vor allem Überraschendes – zusammengekommen:
Auf 448 Seiten schaut man in fremde Wohnküchen, auf unbekannte Gerichte und hinter sonst verschlossene Werkstüren der Lebensmittelindustrie. Da reicht der fotografische Spannungsbogen von der Muttermilch bis zur Großmolkerei und vom Kartoffelacker bis zum Technologie-Transfer-Zentrum.
Zwischen den Bildseiten beschäftigen sich Essays  (unter anderen schreiben  auch Cornelia Poletto und Hilal Sezgin) mit der sozialen und kulturellen Funktion der Mahlzeiten. Zum Beispiel, warum wir gern gemeinsam essen,  ob italienisches Essen nur authentisch ist, wenn es von echten Italienern zubereitet wird.
Und noch viel mehr Fragen werden von den Bildern selbst aufgeworfen: Welchen emotionalen Nährwert vermittelt ein Bild, das einen gefüllten Vorratsschrank mit einer Dame in Kittelschürze zeigt? Und warum beunruhigt das Foto von den jungen Leuten am Supermarktcontainer irgendwie?
Natürlich ist Essen eine private Angelegenheit. Aber Essen hat dennoch politisches Potenzial. Ein geselliges Abendessen in Freundesrunde kann ruckzuck durch Auftischen einiger pikanter Fragen gesprengt werden: „Wo hast Du eigentlich das Fleisch gekauft?“. „Lebst Du noch vegan?“. Die Gräben zwischen zwischen den kulinarischen Weltanschauungen sind deutlich tiefer als die im Spargelfeld.
„Mahlzeit, Deutschland“
dpunkt Verlag, Heidelberg 2014, 448 Seiten, Farbe, Hardcover, 39,90 Euro. ISBN: 978-3-86490-012-9

FREELENS ist mit über 2300 Mitgliedern der größte Berufsverband für Fotojournalisten und Fotografen in Deutschland.