Messe-Diskussion

"Kultur darf keine Verhandlungsmasse sein"

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Kulturgut oder Handelshemmnis? Der Börsenverein lud auf der Messe zur Podiumsrunde über Buch und Freihandel.

Im Moment pausieren die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Der Grund: Die Haushaltssperre in Amerika. Fakt jedoch ist: Wenn weiterverhandelt wird, dann ohne kulturelle Ausnahme für das Buch, denn nach längerem Tauziehen wurde dieser Vorbehalt nur den audiovisuellen Medien eingeräumt.

Das bereitet der Buchbranche Sorgen, weil sie befürchtet, dass die Preisbindung im Zuge des Freihandelsabkommens unter die Räder geraten könnte - zumal auf der anderen Seite vom Teich Internetkonzerne zu Hause sind, die daran durchaus ein Interesse haben dürften. Der gebundene Ladenpreis sei der maßgebliche Schutzanker für kleine und mittlere Buchhandlungen und Verlage, betonte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, bei der Podiumsrunde am Messe-Donnerstag. Er erhalte die filigrane Vertriebsstruktur, die Vielfalt der deutschen Buchlandschaft - Kultur dürfe bei den Gesprächen über das Freihandelsabkommen nicht zur "Verhandlungsmasse" werden, warnte Skipis.

Jürgen Ratzinger, Geschäftsführer für Internationales bei der IHK Frankfurt, sieht die Preisbindung dagegen nicht als "automatisches Opfer" der geplanten Verträge. Er glaubt, dass Gefahren für die Preisbindung eher aus einer anderen Richtung kommen: "Die Frontlinie verläuft nicht durch den Atlantik, sondern durch den Markt selbst, ausgelöst durch E-Books, Selfpublishing und technische Innovation". Ratzinger machte deutlich, dass das Freihandelsabkommen auch viele positive Seiten habe: "Natürlich gibt es Dinge, die man verteidigen will - aber eben auch viele Anliegen und Wünsche". Ob Autos oder Lebensmittel: Für Produkte, die zwischen den Ländern gehandelt würden, gebe es umfangreiche Prüfprozesse, die letztlich auch die Waren auf dem jeweiligen Exportmarkt teurer machen würden.

Ebenfalls auf dem Podium: Oren Teicher, CEO der American Booksellers Association. Eine Prognose, wie lange der "Shutdown" in Amerika dauern wird, wagte er nicht - dafür machte er deutlich, wie sehr das öffentliche und wirtschaftliche Leben in Amerika darunter leide. Und er räumte ein, durchaus neidisch auf die deutschen Kollegen, ihre Infrastruktur und die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu sein. Wettbewerb werde in den USA jedoch groß geschrieben. Das zeige nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit den Kartellbehörden um Apples Agency-Model bei E-Books - auch wenn der Ausgang des Verfahrens jetzt eher den gegenteiligen Effekt am Markt haben dürfte.

Dass es der deutschen Buchbranche mit der Preisbindung keineswegs darum gehe, den Wettbewerb zu unterbinden, machte Alexander Skipis deutlich: "Auch wir wollen und haben Wettbewerb - allerdings nicht über den Preis, weil kleinteilige Strukturen das nicht aushalten."