Gewinnwarnung und möglicher Verlust von acht Millionen Euro

Unfertige Geldscheine bei Orell Füssli gestohlen

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Aus der laufenden Produktion der Orell Füssli Sicherheitsdruckerei sind im vergangenen Jahr 1800 unfertige 1000-Franken-Banknoten gestohlen worden. Orell Füssli, neben dem Buchhandel auch im Banknoten- und Sicherheitsdruck aktiv, haftet für entstandene Schäden. Inhaber betroffener Geldscheine werden über die Schweizerische Nationalbank zum Nominalwert entschädigt.

Aus ermittlungstaktischen Gründen wurde die Öffentlichkeit bislang nicht informiert. Die schweizerische Bundesanwaltschaft ermittelt seit Oktober 2012; die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.
Die Schweizer Behörden wurden am 5. Oktober 2012 von der Serious Organised Crime Agency informiert, dass in einer Londoner Wechselstube verdächtige 1000-Franken-Banknoten aufgetaucht sind. Daraufhin hat die Bundesanwaltschaft die Schweizerische Nationalbank und Orell Füssli informiert. Die Nachprüfungen ergaben, dass unfertige Noten aus der laufenden Produktion bei Orell Füssli gestohlen worden sind. Orell Füssli hat nach eigenen Angaben "das Sicherheitsdispositiv in der Folge minutiös überprüft, durch eine unabhängige Stelle ein Sicherheitsaudit durchführen lassen und die  Sicherheitsvorkehrungen mit organisatorischen und personellen Massnahmen verstärkt."


Die Schweizerische Nationalbank hat heute über die in Umlauf gebrachten unfertigen 1000-Franken-Banknoten informiert: Die ungültigen Noten weisen entweder keine Seriennummern auf oder diese sind erst nachträglich aufgedruckt; auch die Lochzahl (Microperforation) kann fehlen oder manipuliert worden sein. Für bei Kunden entstandene Schäden haftet Orell Füssli. Inhaber betroffener Schweizer Noten werden über die Schweizerische Nationalbank zum Nominalwert entschädigt.

Im Sicherheitsdruck von Orell Füssli gab es zudem weitere Probleme. "Bei einem Auftrag in der zurzeit laufenden Endprüfung und bei Abrechnungen aus zwei bereits erfolgten Auslieferungen wurden Druckfehler beanstandet, so dass deutliche Mindereinnahmen zu erwarten sind", so das Unternehmen. Zudem seien die "Instandstellungsarbeiten wichtiger Druckaggregate aufwändiger als bisher erwartet und führen neben Mehrkosten dazu, dass der für dieses Jahr vorgesehene Produktionsplan nur in reduziertem Umfang umgesetzt werden kann". Der Verwaltungsrat von Orell Füssli geht aufgrund seines derzeitigen Kenntnisstandes davon aus, "dass der negative Einfluss aller genannten Vorkommnisse zu einem substanziellen Verlust der Division Sicherheitsdruck in der Größenordnung von acht Millionen Franken führen kann und dass damit auch das Ergebnis 2013 von Orell Füssli deutlich negativ ausfallen wird". Entsprechend hat er eine Gewinnwarnung ausgegeben.

Neben dem Banknoten- und Sicherheitsdruck und Industriesystemen zur Individualisierung von Wertdokumenten und Markenprodukten bildet der Buchhandel das dritte Kerngeschäft der Orell Füssli Holding, die zu einem Drittel der Schweizer Nationalbank gehört. Der Buchverlag bildet die traditionsreiche Basis des Unternehmens mit Sitz in Zürich. Mit rund 1'000 Mitarbeitenden an Standorten in zehn Ländern erzielt das Unternehmen einen Umsatz von rund 300 Millionen Franken (245 Millionen Euro).