Frankfurter Buchmesse 2013: Interview zum Ehrengast-Auftritt Brasiliens

"Wir wollen die literarische Vielfalt zeigen"

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Großer Auftritt für die brasilianische Literatur: 92 brasilianische Autorinnen und Autoren werden beim Ehrengast-Auftritt Brasiliens auf der Frankfurter Buchmesse und an anderen Orten auftreten – bei mehr als 150 Veranstaltungen. Interview mit Roberto Lessa, Präsident der Stiftung Brasilianische Nationalbibliothek.

Nach welchen Kriterien haben Sie die Autoren ausgewählt?
Es war sehr schwierig, eine Auswahl zu treffen, denn es gibt in Brasilien natürlich viel mehr namhafte Schriftsteller, als dass sie alle nach Deutschland kommen könnten. Wir haben aber eine Reihe von Kriterien festgelegt, um uns so nicht unnötig rechtfertigen zu müssen. Eine Voraussetzung für die Teilnahme war, dass die Werke dieser Autoren bereits ins Deutsche oder in eine andere europäische Sprache übersetzt sein mussten. Eine andere, dass alle literarischen Gattungen einbezogen werden: Erzählung, Dichtung, Essay, Biographie, Literaturkritik, Theater und Geisteswissenschaften. Dabei geht es uns darum, die literarische Vielfalt Brasiliens zu zeigen – nicht als exotische, im Regionalen verankerte Kunst, sondern als Gegenwartsliteratur, die mit den wichtigsten Trends der internationalen Literatur verbunden ist.

Gab bei der Auswahl die ästhetische Qualität der Werke den Ausschlag oder spielte auch das gesellschaftliche oder politische Engagement eine Rolle?
Die politische Einstellung der Autoren hat uns nicht interessiert; es ging uns darum, die ästhetische Qualität zu betonen. Und es sollten auch Autoren sein, die in Brasilien und im Ausland gern und häufig gelesen werden.

Aber es ist schon so, dass einige der Werke die Realität und die Entwicklung der brasilianischen Gesellschaft spiegeln ...
Die Autoren nehmen in ihren Werken die soziale und historische Dimension unseres Landes sehr genau wahr – ohne sich deshalb einer politischen Bewegung verpflichtet zu fühlen.

Die Globalisierung hat sicherlich auch Einfluss auf die brasilianische Gegenwartsliteratur ...
Der Imperativ der Globalisierung stellt natürlich auch die brasilianische Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Gleichzeitig haben wir es mit ganz traditionellen Fragen zu tun, die bis heute nicht gelöst sind. In Brasilien haben wir heute eine Literatur, die ihre Aufmerksamkeit auf beide Seiten der Entwicklung richtet.

Werden die Autoren von Übersetzern begleitet?
Nein, wir haben stattdessen ein Förderprogramm für Übersetzer aus Deutschland und Europa ins Leben gerufen, dass ihnen einen Aufenthalt und die gemeinsame Arbeit mit den Autoren in Brasilien ermöglicht.