Ebenfalls problematisch ist, dass Text wegen der angeblich besseren Lesbarkeit künftig nur noch auf weißem Untergrund gedruckt werden soll. Den gibt es in vielen unserer Bilderbücher gar nicht, da ist der Text in die Bilder integriert. Möglicherweise müssen bei Lizenzen dann weiße Kästen geschaffen werden, die dann im Layout störend wirken. Das wird zu Diskussionen mit den Urhebern und mehr Arbeit in den Verlagen führen.
Die Auswirkungen auf das Lizenzgeschäft durch diese Beschränkungen sind immens. Denn der russische Buchmarkt ist für uns deutschsprachige Kinder- und Jugendbuchverlage sehr interessant, wir haben ja bislang viele Lizenzen dorthin verkauft. Das wird sich nun mit Sicherheit ändern. Auch die russischen Verleger, mit denen ich hier in St. Petersburg gesprochen habe, sind über das Gesetz unglücklich und sagen: Wir verlieren unsere Leser, wenn wir sie nicht mit adäquatem Lesestoff versorgen können. Denn Kinder und Jugendliche merken recht schnell, dass die reale Welt dann in den Büchern ausgeblendet wird – ihre eigene Realität, die sie im Alltag erleben und worüber sie im Internet lesen.
Momentan herrscht hier auf der St. Petersburger Buchmesse eine angespannte Atmosphäre. Da nun jeder Buchkäufer, jeder Bürger einen Verlag verklagen kann, wenn in Kinder- und Jugendbüchern die eingangs beschriebenen Werte in Frage gestellt werden, sind die Verleger hier sehr verunsichert, haben ein Gefühl, als lebten sie unter dem Damoklesschwert. Sie werden risikoarm Lizenzen einkaufen, und wir deutschsprachigen Verlage werden viele gute Titel nicht mehr verkaufen können. Der russische Kinder- und Jugendbuchmarkt, der sich in den vergangenen 20 Jahren immer mehr für internationale Autoren und Illustratoren geöffnet hat, beginnt sich wieder zu schließen."