Es hätte alles so schön schwelgerisch weitergehen können am gestrigen Abend im Bundestag. Die CDU/CSU-Fraktion hatte eingeladen zum Nachdenken über „die Zukunft des Buches im digitalen Zeitalter“. Die Überschrift war als Frage formuliert: „Das Gedruckte nur noch etwas für Nostalgiker?“ „Nein, nein“, beeilte man sich zu versichern. Die Politiker Wolfgang Börnsen und Volker Kauder schwärmten von ihrer Liebe zum gedruckten Buch und zur deutschen Sprache, Dussmann-Geschäftsführerin Julia Claren formulierte: „Ein Buch ist nur dann ein wirkliches Buch, wenn es gebunden ist.“ Und der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar bestritt gar den Warencharakter des Gedruckten: „Das Buch ist kein Produkt. Wir müssen es aus der ökonomischen Terminologie lösen.“
Dass ein Unternehmen, welches Bücher herstellt und vertreibt, in dem Fall rasch Konkurs anmelden müsste, mag da den beiden Verlegern in der Diskussionsrunde durch den Kopf gegangen sein. Das „Hohelied des Buches“ zu intonieren, sei zu wenig, befand Kiepenheuer & Witsch-Chef Helge Malchow. Und Börsenvereinsvorsteher Gottfried Honnefelder warnte vor eher "populistischer" Schwärmerei..
Ist der stationäre Buchhandel eine vom Aussterben bedrohte Art? Während Honnefelder einen neuen Optimismus vor allem unter Neugründern zu entdecken meint, hat der Journalist und Autor Dirk Kurbjuweit auf Lesereisen „ein großes Elend erlebt“. Das Buch werde überleben, glaubt er, „die Buchhandlung eventuell nicht“.
Malchow, von Grund auf Optimist, glaubt, dass sich Wege für das Überleben finden lassen. Die deutsche Politik sei aufgefordert, ein anderes Modell zu entwickeln als das der angloamerikanischen Kultur. Sein Vorschlag: ein europäisches Bündnis für eine übergreifende E-Book-Preisbindung. Die Schriftstellerin Julia Franck will eine europäische E-Book-Handelsunion etablieren.
Damit war die konkreteste Idee des Abends formuliert. Dagmar Wöhrl war das zu wenig: „Ich habe mir mehr Vorschläge erhofft“, sagte die Politikerin. Will man dies versöhnlich interpretieren, dann war es weniger ein Affront, sondern eine Einladung zur Fortsetzung des Gesprächs.