Leipziger Buchmesse: Buchmarketing

"Heute bestellt, morgen bei Deinem Buchhändler vor Ort""

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Vorsicht Buch! Zwischenbuchhändler KNV wird künftig mit seiner Wagenflotte das Buchmarketing unterstützen. Eine beispielhafte Aktion von vielen, die der Börsenverein am Donnerstagabend bei seiner "Release-Party" für die Branche im Berliner Zimmer vorstellte. Resonanz auf die gesamte Kampagne: Viel Lob und schon 1.000 "Likes" auf Facebook.

"Achtung! Lektüre auf der Durchreise": Dieser Satz wird demnächst auf allen KNV-Transportern zu lesen sein. Als rollende Litfassäulen im schwarz-gelben Look der Kampagne werden die Fahrzeuge in der Republik unterwegs sein und dabei auch noch eine zweite, viel wichtigere Botschaft an den Passanten bringen, mit dem Zusatz: "Heute bestellt, morgen bei Deinem Buchhändler vor Ort".

Der stationäre Handel steht im Fokus der branchenweiten Kampagne, die zur Leipziger Buchmesse Premiere feierte. Am Mittwoch wurde das Konzept der Presse vorgestellt, Donnerstag gab es eine Präsentation und eine "Release-Party" für die Branche. Das Echo: viel Lob und viele Ideen, wie sich die Kampagne weiterentwickeln lässt.

"Ungeheuer mutig" sei das Konzept, befand zum Beispiel York Bieger vom Psychiatrie Verlag. Er fragte nach, wie sich Verlage einbringen können und bekam gleich ein ganzes Portfolio an die Hand: Vorsicht Buch!-Aufkleber für Buchcover, das Logo für die Titelwerbung nutzen, gemeinsam mit dem Buchhandel Thementische und Aktionen aufsetzen.

Buchhändlerin Andrea Nunne vom AKS-Sprecherkreis lobte das Buchmarketing mit "Super!"-Rufen und viel Beifall am Ende der Präsentation. Eine kleine kritische Anmerkung gab es von den Bücherfrauen, die sich eine Nachbesserung wünschten. Die Plakate sollten nicht nur auf den "Buchhändler vor Ort", sondern auch auf die "Buchhändlerin" hinweisen. Schließlich werde die Branche von Frauen geprägt.

"Wir Buchhändler sind es, die Bestseller herausfiltern, Kunden beraten. Und zwar im direkten Gespräch und nicht als Avatar auf dem Smartphone": Mit diesem Satz hatte Christiane Schulz-Rother, Vorsitzende des Landesverbands Berlin-Brandenburg, das Publikum im "Berliner Zimmer" begrüßt. Und genau diese Beratungsqualität des Sortiments stehe im Fokus der Kampagne. Ob das Buchmarketing dem Buchhändler gefalle, sei dabei zweitrangig: "Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler".

Wer in diesem Fall der Fisch ist - das machte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, in der anschließenden Präsentation noch einmal deutlich. Zielgruppen der Kampagne sind die so genannte bürgerliche Mitte und das pragmatisch-adaptive Milieu, kurzum das, was die Marktforscher von Sinus Sociovision als die Mitte der Gesellschaft bezeichnen. Und bei vielen hier ist das Lesen offenbar auch mit einer gewissen "Schwere" verbunden, wie Verbraucherbefragungen im Vorfeld der Kampagne gezeigt haben.

Nach Feierabend stehen erst einmal das Mailchecken am Computer und dann der Fernseher auf dem Programm. Gelesen wird vielleicht später noch, im Bett. Schlüssel zum Kunden ist deshalb eine Botschaft der Leichtigkeit, der Entspannung, aber auch des Abenteuers: Mit einem Buch in der Hand kann man in fremde Welten eintauchen. Und: Ein Buch kann Dich und Dein Leben verändern.

Weil das allerdings nur bedingt eine überraschende Nachricht sei, müsse man sie eben überraschend verpacken. Das machte Klaus Sielker von der Hamburger Agentur Zum goldenen Hirschen deutlich, die das Buchmarketing für den Börsenverein entwickelt hat. Und für genau diesen Überraschungsfaktor sorgt das Motto der Kampagne: Vorsicht Buch! Vor Büchern wird gewarnt. 

Tausende Starterpakete mit Gratis-Werbematerialien hat der Börsenverein im Vorfeld an den Buchhandel verschickt, Nachschub kann das Sortiment unter www.livendo.de ordern, zum Selbstkostenpreis, wie Anne-Mette Noack, Marketingleiterin beim Börsenverein, betonte. Dass in der Kampagne großes Ideenpotenzial steckt, zeigen schon die ersten Aktionen: So nutzt Buchhändler Jan Orthey (Lünebuch in Lüneburg) die Fenster über seinem Geschäft als kostenlose Werbefläche: Hinter jeder Glasscheibe hat er, fensterfüllend, ein Kampagnenmotiv installiert. 

Neben Werbematerial liefert der Börsenverein aber auch Aktionsideen: Von zwei großen Buchinstallationeinn können sich Leser im Wortsinn  "fesseln" oder "umhauen" lassen. Die Foto-Aktion entwickelt sich gerade in der Glashalle der Buchmesse zu einem echten Publikumsmagneten und tourt danach durchs Land - zu Buchhändlern, die ihren Kunden und der örtlichen Presse gerne einen Hingucker bieten möchten. Wer sich ein Bild machen möchte: ARD und ZDF übertragen ihre beiden Kulturmagazine zur Buchmesse ("Titel, Thesen, Temperamente" und "Aspekte") in diesem Jahr vom Kampagnenstand mit den beiden Buchgiganten.

Auch einen Filmwettbewerb auf youtube wird es geben, auf Facebook können Nutzer schon jetzt zum Teil der Kampagne werden und sich mit einer App selbst zum Plakatmotiv machen. Was bereits kräftig und kreativ genutzt wird (www.facebook.com/vorsichtbuch). Und zu den Kooperationspartnern gehört die "Bild"-Zeitung - "weil es das Medium ist, das von unserer Zielgruppe am häufigsten genutzt wird", wie Anne-Mette Noack betonte. Ein ausgefeilter Aktionsplan soll die Kampagne mit immer neuen Impulsen über die geplanten drei Jahre tragen.