E-Commerce

"Buchhandel.de soll für alle Buchhändler geöffnet werden"

27. Februar 2015
von Börsenblatt
Die MVB stellt das Geschäftsmodell von buchhandel.de um und bietet künftig allen öffentlichen Bibliotheken die Möglichkeit, ihre Kataloge direkt auf buchhandel.de zu verlinken. MVB-Geschäftsführer Ronald Schild über die neue Lösung, die allen Buchhändlern offen steht.

Was war der Anlass für diese Initiative?Ein Pressebericht über die Universität Heidelberg, die ihre Buchkataloge exklusiv auf Amazon.de verlinkt, hatte für Wirbel gesorgt. Wir fanden sehr schnell heraus, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Die Verlinkung auf Amazon.de ist gängige Praxis bei der Kaufvermittlung – für öffentlich finanzierte Einrichtungen rechtlich grenzwertig, denn Bibliotheken sind zur Neutralität verpflichtet.

Welches Angebot machen Sie den Bibliotheken?Wir haben in einem konstruktiven Gespräch mit dem Deutschen Bibliotheksverband (dbv) eine Lösung gefunden, von der sowohl die Bibliotheken als auch der unabhängige Buchhandel profitieren: Künftig können die Bibliotheken und andere öffentliche, nicht-kommerzielle Einrichtungen Kauf-Links auf buchhandel.de in ihren Onlinekatalogen einrichten. Um eine möglichst große Verfügbarkeit der Titel auf der Plattform zu erreichen, soll buchhandel.de für alle Buchhändler geöffnet werden. Die Gebühr für die Listung als Partnerbuchhandlung entfällt dauerhaft. Um die Attraktivität des neuen Verlinkungsmodells für die Bibliotheken zu erhöhen, stellen wir im Gegenzug allen Einrichtungen, die mitmachen, ausgewählte Metadaten aus dem VLB kostenfrei zur Verfügung.

Wie wollen Sie die Kosten für diesen Service decken?Das Angebot wird über eine geringe, umsatzabhängige Verkaufsprovision refinanziert, die aber erst ab 1. Juli erhoben wird. Aus kartellrechtlichen Gründen müssen wir die Plattform für alle Buchhändler öffnen, nicht nur Mitgliedsunternehmen. Wer nicht im Verband organisiert ist, zahlt allerdings eine deutlich höhere Transaktionsgebühr.

Welchen Vorzug hat die Kooperation gegenüber der bisherigen Lösung?Es ist eine ernsthafte Alternative zu großen Online-Versendern, die zudem einen entscheidenden Vorteil hat: In den Bestellvorgang sind die teilnehmenden Buchhandlungen durch eine Umkreis-Suche eingebunden. Je mehr Buchhändler mitmachen, desto größer wird auch die Flächenabdeckung sein.

Planen Sie noch weitere Veränderungen an buchhandel.de?Wir wollen gemeinsam mit dem Buchhandel die Plattform in den nächsten Monaten komplett überarbeiten. Das betrifft zum Einen die Darstellung, die Suche und den Bestellprozess, zum Anderen aber auch viele Features, bei denen wir die Mitarbeit des Sortiments benötigen. Zum Beispiel soll die Warenkorbfunktion um eine Verfügbarkeitsanzeige ergänzt werden, die dem Kunden sagt: Das gewünschte Buch ist in einer bestimmten Buchhandlung im Umkreis verfügbar und kann persönlich im Laden abgeholt werden. Ein klarer Vorteil gegenüber einem Online-Buchhändler, aber hierzu benötigen wir Lagerbestandsdaten der beteiligten Buchhändler.

Was ist auf dem Weg zu einer echten Alternative zu den großen Plattformen noch zu tun?
Wir müssen in einem ersten Schritt die Liefer- und Zahlungsbedingungen der teilnehmenden Buchhändler vereinheitlichen. Unser Produktmanagement versucht hier in enger Abstimmung mit der Branche und dem Buchhandel zusammenzuarbeiten. Langfristig soll so ein Angebot entwickelt werden, das die Stärken des lokalen Sortiments mit der Convenience eines ausgereiften Online-Angebots verbindet. Es gibt also noch alle Hände voll zu tun.

Interview: Michael Roesler-Graichen