Tipps aus den Frühjahrsprogrammen

Best of Bilderbücher

27. Februar 2015
von Stefan Hauck
Noch sind nicht alle Titel ausgeliefert, aber wir haben uns die Frühjahrsprogramme genau angeschaut und für Sie wunderbare Bilderbücher herausgepickt, von Kindern im Mond bis zu schrecklich nervenden Prinzessinnen - und wir klären die Frage, warum Erwachsene nachts so lang aufbleiben müssen. Unsere Empfehlungen:

Weder vor Spinnen noch vor Gespenstern oder gar einem Vulkanausbruch hat die Hexe Angst, nein – nur vor der Dunkelheit. Und selbst vor der Walpurgisnacht zaubert sie sich einen Schnupfen an, damit sie nicht im Dunkeln auf dem Besen reiten muss. Ein altes Zauberbuch scheint da Abhilfe bereitzuhalten: Sieben Dinge von der Eulenfeder bis zur roten Nachtblume und einem Krötenherz soll sie bei Neumond vergraben, und die Hexe macht sich auf zum Sammeln. Bis die Kröte der Hexe klarmacht, sie sei wohl übergeschnappt, ihr Herz haben zu wollen – und die Hexe begreift, dass man mit einer Kröte als Freund keine Angst mehr zu haben braucht. Constanze Spengler zaubert auf den Doppelseiten eindrucksvolle Kontraste zwischen Hell und Dunkel und eine so verzweifelte Hexe, die man mit Rührung ins Herz schließt.

Constanze Spengler: Die Hexe, die sich im Dunkeln fürchtete. Hinstorff,40 S., 14,99 Euro

Traumwandlerisch schön erschafft Aljoscha Blau aus dem Nichts eine Mondlandschaft, zarte, ätherische Aquarelle, Lichteffekte, feinste Grauabstufungen korrespondieren mit tiefster Nachtschwärze und bringen die Geschichte Jürg Schubigers zum Leuchten. Der erzählt vom Mann im Mond und seiner Frau im Mond, die vorm Schlafengehen so begeistert über das Leben auf der Erde berichtet mit frischem Brot und Schwarzwäldertorten und Schneemännern, dass das Kind im Mond sich eines Tages kopfüber auf den Weg dorthin macht und eine nachdenkliche Familie zurücklässt.

Jürg Schubiger, Aljoscha Blau: Das Kind im Mond. Peter Hammer, 24 S., 15,90 Euro, ab 5

Schon Joachim Ringelnatz hat in seinem Gedicht „An Berliner Kinder“ die Frage zu beantworten versucht, die jedes Kind brennend interessiert: Was machen die Erwachsenen denn bloß nachts? Was Bäcker und Straßenbahnschaffnerin tun, scheint klar, aber die Großen müssen auch mit Spielsachen spielen, Filme gucken, die Vögel aufziehen, heruntergefallene Blätter an die Bäume ziehen usw. – Grossmann-Hensel skiziiert mit farbintensivem, pastosen Strich die verschiedensten Möglichkeiten. Nur einer muss bis zum Morgen wachbleiben, um die Sonne aus dem Meer zu ziehen.

Katharina Grossmann-Hensel: Warum Erwachsene nachts so lange aufbleiben müssen. Annette Betz, 32 S., 12,95 Euro, ab 4

Eines der wichtigsten Bilderbücher in diesem Frühjahr, das Gesprächsanlässe bietet: Wie fühlt sich ein Kind im Krieg? Karin Gruß beantwortet die Frage nicht, sondern lässt den Betrachter überlegen. Ausgangssituation ist eine Szene, in der ein neunjähriger Junge mit roten Basketballschuhen auf einer Trage zur OP gefahren wird: Eine Granate hat den Bus erwischt, mit dem eine Schulklasse zum Sportplatz fahren wollte. Ob dieses Bildes kommt der Fotoreporter - und mit ihm der Betrachter - ins Nachdenken, unterstützt von den brüchig wirkenden Bildern von Tobias Krejtschi, die die Fragilität eines Kinderlebens  unterstreichen.

Karin Gruß, Tobias Krejtschi: Ein roter Schuh. Boje, 32 S., 12,99 Euro, ab 6

Zum kringelig Lachen: Die Prinzessin hält mit ihren überzogenen Wünschen die Eltern und das halbe Königreich auf Trab; zum Geburtstag will sie sogar einen Drachen haben, unbedingt! Die stärksten Männer scheitern an dieser Aufgabe, nur der junge Aschenper schafft es, ein Drachenei zu stehlen. Die Prinzessin ist’s zufrieden, der Drache wächst heran und entführt eines Tages die dauerquengelnde Prinzessin – und plötzlich kehrt eine Ruhe ein, dass sich alle einig sind: Die Nörgelliese brauchen wir eigentlich nicht. Mit fast idyllisch heiteren, farbenfroh flächigen Bildern erzählt Bjørn Ousland die keineswegs undramatische Geschichte.

Bjørn Ousland: Ich will einen Drachen! Ellermann, 48 S., 12,95 Euro, ab 4

Aus seinem „Buch der Lieder“ stammt Heinrich Heines Gedicht „der arme Peter“, das Peter Schössow in seinen Illustrationen im wahrsten Wortsinn neu aufführt. Er bringt die Geschichte um den immer blasser werdenden Peter, der sich in Grete verliebt hat, die aber einen anderen heiratet, auf die Bühne und zeigt uns ins verfremdender, fast Brechtscher Distanz zum Inhalt die Schauspieler beim Umziehen in der Garderobe und die Reaktionen der jungen Zuschauer auf das Stück. So werden die Gefühle sichtbar und gleichzeitig hinterfragt.

Heinrich Heine, Peter Schössow: "Der arme Peter". Hanser, 48 S., 14,90 Euro, ab 5

Ein Buchstabierspaß für Erstleser und solche, die es werden wollen: Kathrin Schärer lässt die kleine E-Maus, die I-Maus und die N-Maus munter durch die Gegend flitzen, und überall, wo sie über Schilder krabbeln, verändert sich sich deren Wortsinn - da steht statt "Most zu verkaufen" plötzlich "Mist zu verkaufen". Auf jeder Seite merkt man, mit wieviel Finesse Schärer ihr zeichnerisches Handwerk beherrscht.

Kathrin Schärer, Lorenz Pauli: 3 freche Mäuse. Atlantis, 32 S., 14,95 Euro, ab 6/7

Nach dem Zähneputzen wird der kleine Junge von Papa durch die gonmolische Steppe ins Zimmer getragen, eine gefährliche Strecke voller Abenteuer, die nur Helden meistern. Und eines Abends, das kann doch kein Traum gewesen sein, rettet der verlorene traurige Wolf den Jungen vor dem Fletschbären – ein guter Grund, dass Wolf und Junge nun Freunde werden und ordentlich Spaß zusammen haben. Katja Wehner setzt die dramatischen Abenteuer mit ordentlich Mimik, Gestik, Sturm und Schneegestöber in Szene.

Hans-Jörg Schertenleib, Katja Wehner: Der verlorene Wolf. Aufbau, 32 bS,

Heijeijei – bei Familie Fichtner ist was los! Drei Kinder, Eltern, Opa und die Tante mit Hund sind zu Land, Wasser und Luft unterwegs, überall gibt es etwas zu schauen und zu erleben, vom Juwelendieb und einer mutigen Polizistin bis zu Äffchen auf der Flucht. Auf jeder Wimmelbilderseite kann der Betrachter zwei Suchaufgaben lösen und durch farbig umrandete Löcher auf Klappseiten auch selbst überprüfen, ob er richtig entdeckt hat.

Lilly L’Arronge:  Mein KlappLochSuchBuch – Auf Reisen. Esslinger, 24 S., 12,95 Euro, ab 3

Wer schon mal Kanu gefahren ist, weiß: Wenn alle nur links paddeln, dreht sich das Boot im Kreis. Diese Erfahrungen machen auch Bär, Elch und Biber und merken noch bei vielen anderen Gelegenheiten, dass es nicht nur nach den eigenen Vorstellungen gehen kann, wenn alle weiterkommen wollen. Mit seinen konturbetont großflächigen Figuren konzentriert sich Oldland mit humorvoll überzeichnetem Strich auf deren Emotionen und kreiiert eine lehrreich heitere Fabel.

Nicholas Oldland: Drei Freunde - Gemeinsam sind sie stark. Jacoby & Stuart, 32 S., 11, 95 Euro, ab 3

Immer, wenn sich das Kaninchen putzt, entstehen kleine watteweiche Haarwölkchen. Eidechse, Schlange, Gürteltier, Schildkröte – sie alle bitten darum, sie haben zu dürfen und bauen sich warme Schlafnester daraus. Nur der große Elefant, ist traurig: Er bräuchte für ein weiches Schlafnest ganz viele Haarwölkchen. Da rufen die Kaninchen ihre Freunde zusammen, Eichhörnchen, Waschbären, Rehe, Lämmchen, Esel – und der Elefant bekommt ein kunterbuntes Wattewölkchenbett.  Die plakativ flächigen Szenen und klare Formen machen schon für kleinste Leser die Motivation zum Teilenlernen und Freudeschenken erfahrbar.

Namako Takagi, Usa: Was Flauschiges. Nilpferd, 32 S., 14,90 Euro, ab 3

Ein wunderschönes Verwirrspiel rund um die Möglichkeiten der Nacht, wo alle brav schlafen: In der Mitte des Buchs wechselt die Leserichtung und stellt das zuvor Gesehene auf den Kopf. Mit unterschiedlichen Materialien zaubert Helga Bansch poetische Bilder, die die Fantasie anregen.

Helga Bansch: In der Nacht ... Wiener Dom-Verlag, 48 S., 14,90 Euro, ab 2

Zuneigung contra Freiheitsentzug: Die Freude eines Mädchens über einen Fisch , der im Meer immer wieder zu ihm kommt und es umspielt, kontrastiert Bansch mit dem sehnsüchtigen Wunsch des Kindes, den lieb gewonnenen Fisch nicht mehr zu verlieren und das Tier für immer zu behalten. So schmiedet das Mädchen einen Plan und entführt den Fisch im Glas zu sich nach Hause, bemerkt aber rasch mit wachsenden Gewissensbissen, dass sich der Fisch so gar nicht wohl fühlt. Worauf das Mädchen begreift: Eingesperrt möchte es selbst auch nicht sein - und lässt den Fisch wieder ins Meer. Ein Lehrstück zum Begreifen, dass Beziehungen mit Besitzverhalten nicht funktionieren.

Helga Bansch: Amelie und der Fisch. Jungbrunnen, 32 S., 14,95 Euro, ab 3

Ein kleiner wütender Ritter möchte endlich Abenteuer erleben - und trifft im Wald auf ein Drachenkind. Mit verschiedensten Mal- und Zeichentechniken schafft Katja Gehrmann quicklebendige Szenen und zeigt, dass man zu zweit deutlich mehr Spaß hat als allein.

Annette Langen, Katja Gehrmann: Ritter Wüterich und der Drache Borste. NordSüd, 32 S., 13,95 Euro, ab 3

Eine nachdenkliche Parabel: Inmitten grauer Betonwüsten appellieren ein kleiner Junge und ein Tiger an die Welt, die grünen Paradiese der Menschheit zu bewahren und die Welt zu renaturieren.

Rebecca Elliott: Der letzte Tiger. Kerle, 32 S., 12,99 Euro, ab 5

Weckt Kinderfantasien: Ein farbenprächtig vollgestopfter Laden, in dem es Wegsauger für unangeneme Dinge (wie küssende Großtanten), Brüllbonbons, Kletterkrallen, Muskeln und mehr gibt - Matti kann sich gar nicht entscheiden.

Isabel Kreitz: Der Laden. Aladin, 32 S., 8,95 Euro, ab 5

Ein Gestaltungsprinzip erkennen: Wer in den Bildern die Linie entdeckt, findet sie auch in der realen Umgebung wieder - anregend.

Jimi Lee: Überall Linien. Minedition, 28 S., 14,95 Euro, ab 2/3

Jede Ursache hat eine Wirkung: Ein lesender Autofahrer kracht gegen eine Mülltonne, was ein lustige Kettenreaktion auslöst. Jeder auffahrende Wagen sorgt für neuen Schlamassel. In diesem Jungsbuch gibt es jede Menge zu gucken und zu lachen.

Leo Timmers: Bumm. Lesen kann gefährlich sein! Coppenrath, 32 S., 12,95 Euro, ab 3

Vertrautes Kinderthema, heiter aus einer ungewöhnlichen Perspektive skizziert: Held des Bilderbuchs ist ein Ritter - und ausgerechnet vor einem großen Duell drückt ihn die Blase. Bis er seine Rüstung an- und wieder ausgezogen hat, ist der Gegner fort.

Charlotte Habersack, Henning Löhlein: Wenn ich aber nicht muss! Ravensburger, 32 S., 11,99 Euro, ab 3

Kino mit 3-D-Brille: Basierend auf Till Schweigers Kinofilm zeichnet Tourlonias die Geschichte von Magdalena, die nach einem Krach mit Papa abhauen will - würde da nicht das Eselskind fehlen, ohne das Eselmama und -papa nirgendwohin gehen. Die Suchaktion aller Stofftiere zeigt, was Familie bedeuten kann.

Joëlle Tourlonias: Kokowääh. Baumhaus. 32 S., 14,95 Euro, ab 4

Animiert zum sofortigen Weitermalen und Selbsteinrichten: Für jeden Gast arrangiert die Wirtin in diesem Bilderbuch ein passendes Zimmer - da gibt es viel zu gucken.

Bernard Friot, Magali Le Huche: Pension Hélène. 32 S., 12,95 Euro, ab 3

Wer kennt das nicht: Der Nachwuchs beschließt, auszuziehen. Findus will sein eigenes Reich, um ungestört auf dem Bett hopsen zu können - aber zu weit weg soll es auch wieder nicht sein. Und eigentlich ist es abends doch recht einsam. Und bei Pettersson am schönsten.

Sven Nordquist: Findus zieht um. Oetinger, 28 S., 12,95 Euro, ab 4

Und zum Schluss noch ein bemerkenswerter Backlist-Titel, mit dem man Kinder für Umweltthemen sensibilisiert: Eine ebenso wahre wie bewegende Bildergeschichte über die Abholzung kenianischer Wälder und eine mutige Frau, die es schafft, dass 30 Millionen Bäume neu gepflanzt werden. Ein Vorjahrestitel, der Beachtung verdient hat.

Claire A. Nivola: Bäume für Kenia. Die Geschichte der Wangari Maathai. Freies Geistesleben, 32 S., 15,90 Euro, ab 5