SoA-Chef Thomas Wrensch kritisiert Netto-Deal der MVB

"Konkurrenz geht nicht"

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Thomas Wrensch, Vorsitzender des Sortimenter-Ausschusses im Börsenverein, nimmt Stellung zu den von der MVB betriebenen Webshops bei Netto.
Was kritisieren Sie an den MVB-Shops für Netto?
Wir Sortimenter haben nichts dagegen, wenn die MVB Daten an Nichtmitgliedsfirmen des Börsenvereins liefert – wie zum Beispiel an Apple oder die Telekom. Was nicht sein darf, sind Shops, in deren Impressum die MVB als direkter Konkurrent des Buchhandels auftritt, so wie es jetzt bei Netto der Fall ist. Damit laufen wir Gefahr, dass Mitglieder ihren Verband verlassen.

Kann man sinnvoll fordern, dass die MVB Dienstleistungen ausschließlich für Verbandsmitglieder erbringen soll?
Das ist eine Illusion. Im E-Book-Geschäft funktioniert diese Exklusivität nicht mehr. Da gibt es ja auch eine vernünftige, ganz klare Beschlusslage der Hauptversammlung: libreka! darf Daten auch an andere liefern.

Auch die Kommunikation der MVB wird kontrovers diskutiert. Was bemängeln Sie?

Es kann nicht sein, dass wir Sortimenter strategische Entscheidungen erst aus der Presse erfahren, statt direkt von der MVB. Die Geschäftsführung hat doch gerade erst am Fall Libri mit ebook.de gesehen, wie sensibel das Konkurrenzproblem von uns gesehen wird. Bevor also mit Netto ein Vertrag geschlossen wurde, hätte man intern mit dem Sortiment ein Gespräch führen müssen.

Der Verbund eBuch hat die Aufregung dazu genutzt, dem Börsenverein insgesamt eine "verfehlte Branchenpolitik" vorzuwerfen. Berechtigt?
Ich finde es nicht in Ordnung, gleich so einen Rundumschlag zu machen. Abgeschlossene Themen wie die BAG haben mit Netto nichts zu tun. Auch die Werbekampagne für das Buch sollte man nicht kritisieren, noch bevor sie gestartet wurde; wir werden alle von ihr profitieren. Das Sortiment ist maßgeblich mit an Bord. Es täte gut, wenn die eBuch sparsamer mit Polemik umginge.

Dient der Börsenverein mehr den Verlagen als dem Sortiment?
Sicher haben wir manchmal den Eindruck, aber das ist eine Gratwanderung. Ich habe mich jedenfalls darüber gefreut, dass bei der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse und bei der Friedenspreisverleihung der Buchhandel gleichberechtigt angesprochen wurde. Wir Sortimenter müssen das auch aktiver und massiver einfordern – und werden das auch tun.