Kommentar von Torsten Casimir

Die Verhältnisse werden unordentlicher

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Das Geschäft mit den E-Books wird "nicht spartenrein" betrieben. In dieser Feststellung, die ein dennoch weiterhin so genannter Zwischenbuchhändler vor dem Branchenparlament traf, steckt Zündstoff.
Eine für unverbrüchlich gehaltene Aufgabenteilung soll nicht länger gelten. Wer in Zukunft für welche Erledigungen zuständig ist: für das Schreiben, das Veredeln, das Umherschicken und das Verkaufen digi­taler Bücher – das steht streitig.

Die Verhältnisse werden unordentlicher. Der Kunde agiert (auch) als Konkurrent, bleibt zugleich aber Kunde. Der Dienstleister agiert (auch) als Wettbewerber, bleibt jedoch ebenfalls zunächst Dienstleister. Der Online-Händler René Kohl (kohlibri-blog.de) empfiehlt den Kollegen deshalb, von festen auf flexiblere Bindungen umzustellen. Gute Idee: In digitalen Verhältnissen lässt es sich promisk besser wirtschaften ... wäre nicht die Treuepflicht im Spiel!

So reagiert das Sortiment (also der Partner des Nicht-mehr-nur-Zwischenbuchhändlers, der ab sofort die eigenen Kunden vor den Nachstellungen des eigenen Dienstleisters in Schutz zu nehmen hat) stinksauer. Die Strategen der Transformation haben ein Problem: Sie sind etwas früh dran mit ihren Offensiven. Noch erzeugen sie für sich selbst mehr akute Nachteile als dauerhafte Vorteile.

Die Rücknahme von Arbeitsteiligkeit entlang der Wertschöpfungskette Buch birgt überdies ein Risiko, das noch kaum sichtbar ist. Aktuell missglückt nur das Beziehungs­management zum Buchhandel. Sobald die Euphorie über digitale Direktwege aber abklingt, dürfte der Blick frei werden auf ein zweites Problem: Ausdifferenzierung in der Dreispartigkeit diente bislang der Sicherung handwerklicher Exzellenz. Das Handwerk des Buchhändlers war dabei die Vermittlung zwischen Produkt und Lesern. Durch bloß vertriebliche Abkürzungen zum Endkunden ist dieser Intensivkontakt nicht ersetzbar. Welcher Auftritt bleibt dann dem Buch?