Medientage München

"Keiner merkt, wer den Rahm abschöpft"

26. Februar 2015
von Börsenblatt
Bei den Medientagen München (24. bis 26. Oktober) ging es auch ums Urheberrecht: Der bayerische Landesverband des Börsenvereins hatte am Freitag zu einer Podiumsrunde eingeladen, die über "Piraten, Freibeuter und Urheber" und die Gratismentalität im Netz diskutierte.

Der Traum vom Internet als demokratischer Freiraum für Kommunikation und kreatives Denken scheint ausgeträumt – zumindest zum Teil. Denn Großkonzerne wie Google, Amazon, Apple  und andere haben am Markt das Sagen. Sich gegenüber den internationalen Playern strategisch richtig aufzustellen, fällt vielen Unternehmen schwer, zumal wenn der eigene Aktionsradius auf Deutschland beschränkt ist.

Diese Meinung vertraten alle Teilnehmer der Podiumsdiskussion "Piraten, Freibeuter und Urheber – zum Wert geistigen Eigentums", die der bayerische Landesverband des Börsenvereins im Rahmen der 26. Medientage München veranstaltet hat.

Das Netz ist kostenlos - diese Botschaft hätten Google & Co. den Usern gekonnt vermittelt: "Dass dabei die Konzerne den Rahm abschöpfen, merkt keiner“, so Bernd Schorb, Professor für Medienpädagogik und Weiterbildung an der Universität Leipzig (Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft).

„Google, Apple und Konsorten tun so, als ob das Urheberrecht keiner mehr haben will“, bilanzierte der Schriftsteller Matthias Politycki. Er ist auch Mitunterzeichner der Resolution zum Urheberrecht, wie sie auf der World Writers' Conference in Edinburgh formuliert wurde.

Dabei ist es gar nicht unbedingt schwer, Internet-User vom Wert des Urheberrechts zu überzeugen. Matthias Politycki macht bei Lesungen - in Literaturhäusern, Buchhandlungen oder Schulen - jedenfalls die Erfahrung, dass seine Zuhörer verstehen, warum Autoren und Verlage mit ihren Produkten Geld verdienen müssen, dass also das geistige Eigentum auch zu honorieren ist.

Claudia Baumhöver, Leiterin des Hörverlags, zeigte aber auch klar, dass Verlage und Urheber gerade im Buchbereich aus der Defensive heraus agieren würden, im öffentlichen Licht daher wie "Dinosaurier" dastünden - während Facebook & Co die neue Welt verkörpern würden.

Diese neue Welt ist allerdings zweigeteilt, wie Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, deutlich machte: Gerade im Schulbuchbereich hätten Länder wie China und Indien jahrelang hemmungslos im rechtsfreien Raum agiert. "Doch heute, wo eigene Inhalte und Bücher produziert werden, entsteht auch in diesen Ländern ein Bewusstsein fürs Urheberrecht."

Boos verwies auf ein weiteres Problem: Google habe gerade zwei Reisebuchverlage gekauft, trete mehr und mehr selbst als Verlag auf, ähnlich wie Amazon. Damit werde eine neue Ära im Verlagsgeschäft eingeläutet - die eigentlich auch kartellrechtlich zu prüfen sei.

Was also tun? Das Podium, moderiert von Medienrechtler Konstantin Wegner, war sich einig: Verlage und Autoren müssten verstärkt selbst das World Wide Web nutzen, um mit den Usern, den Kunden in Kontakt zu kommen. Denn die Kommunikation auf Websites und Foren schafft Vertrauen - und Verständnis für den Wert und die Qualität geistiger Arbeit.