Kommentar zur Frankfurter Buchmesse

Aussteller sind Darsteller

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Heute Abend wird die Frankfurter Buchmesse eröffnet, ab morgen können zunächst die Fachbesucher in die Messehallen strömen. Eine Einstimmung von Torsten Casimir.
In der wichtigen Disziplin der Selbstbeunruhigung, einem Pflichtfach für jeden Manager, gelingt es seit einiger Zeit auch Buchmessedirektoren, ihr Kerngeschäft kränkeln zu sehen. Der Verkauf von Fläche, sagen sie, werde als Erlösquelle bald nicht mehr so sprudeln wie gewohnt. Wahrscheinlich ist das eine völlig vernünftige, hier und dort auch belegbare Einschätzung. Aber gerade wird sie von der Frankfurter Buchmesse aufs Erfreulichste erschüttert. Es lohnt sich, das Unverhoffte näher anzuschauen.

Ein Trend zur Inszenierung von Marken und Menschen gibt sich zu erkennen. Dem entsprechend sind die Bühnen in den Messehallen ausverkauft. Alle möchten sich in Frankfurt zeigen und suchen den Auftritt. Aussteller wandeln sich zu Darstellern. Für Themen werden gleich Welten gebaut. Diskussionen werden nicht bloß geführt, sondern aufgeführt. So viel Plattform war nie. Der gute alte Stand – welch statisches Wort! – kann den Aufmerksamkeitsbedarf der Unternehmen heute nicht mehr decken.

Stattdessen platzen die Hot Spots im dritten Jahr nach ihrer Erfindung aus allen Nähten. Sie dienen als Sprungbrett in die Messe hinein, indem sie ihren Nutzern Präsenz und Präsentation gleichermaßen möglich machen. Dienstleistern kommt das entgegen. Sie haben das Klinkenputzerimage von einst abgelegt und bringen sich als selbstbewusste Kooperationspartner für Verlage ins Gespräch. Überdies machen die "neuen Player" – die Sonys, Nintendos und Rovios aus dem bunten Reich des Entertainments – der Branche vor, wie Branding funktioniert. Auf einer Weltmesse heißt das jedenfalls: klotzen, nicht kleckern. Dabei kommt es eben auch auf Größe an.

Weil das alles nun so läuft in diesem Herbst in Frankfurt, erweist sich der Verkauf von Fläche vorerst weiter als das Geschäftsmodell der Messe. Und wie es aussieht, wohl nicht zum letzten Mal …