Hörbuch

"Ein gutes Cover muss auffallen"

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Warum die Gestaltung eines Audiobooks gar nicht so leicht ist. Und ein rundes Logo bei Audible schnell zum Ei wird. Ein Interview mit Stephan Siebert, Grafiker bei Argon.

Super gemacht: Bei welchem Hörbuch-Cover haben Sie das zuletzt gedacht?

Siebert: »Unbefugtes Betreten« von Julian Barnes gehört im Moment zu meinen Favoriten bei Argon  – das Buchcover, das wir übernommen haben, ist ganz schlicht und gefällt mir genau deshalb so gut. Bei der  Konkurrenz sticht durch den Schattenriss und die Farbgebung Christian Krachts „Imperium“ hervor, auf CD bei Tacheles.

Die meisten Audiobooks greifen Buchcover auf. Schnell ans Querformat angepasst und das Label-Logo drauf – ist Hörbuch-Gestaltung so einfach?

Siebert: Allein die Sache mit dem Format ist nicht so einfach, wie sie klingt. Die Kollegen von den Buchverlagen denken bei der Covergestaltung selten daran, dass Hörbücher ein anderes Format haben. Zum Beispiel, wenn sie Bilder so stark beschneiden, dass wir für das Hörbuch noch mal die Originaldatei ordern müssen. Bei Argon kommt hinzu, dass unser Logo recht groß ist und immer am linken Rand steht. Nur die Farbe variiert. Manchmal beziehe ich es dann einfach in die Gestaltung ein, lasse Elemente hineinragen oder gestalte es etwas transparenter, um dem Titelmotiv mehr Raum zu geben. 

Was macht ein gut gestaltetes Hörbuch aus?

Siebert: Letztlich dasselbe wie ein Buchcover: Es muss auffallen, Neugier wecken. Und natürlich muss es zum Inhalt passen. Besonders gelungen finde ich da zum Beispiel „Mrs. Alisons unpassende Leidenschaft“ von Helen Simonson. Das Buchcover, das sich auch auf der CD bei Argon findet, zeigt die Titelseite einer alten US-Zeitschrift: Ein Kleiderständer mit Hüten und Mänteln, die aussehen wie an sich umarmendes Paar. Das schafft gleich eine schöne Stimmung.

Sehen Sie aktuelle Trends bei der Covergestaltung – ob nun Hör- oder Printbuch?

Siebert: Trends aus der Fülle herauszulesen, ist immer schwierig. Ich persönlich mag Covergestaltungen, die an altes, vergilbtes Papier erinnern. Was sich jedoch ganz klar herauskristallisiert – das ist ein eigenes Format für MP3-CDs. Nahezu alle Verlage gestalten die Hüllen hier inzwischen zwei Zentimeter höher als bei der klassischen CD. So können Kunden und Händler das Produkt gleich richtig einordnen. 

Hand aufs Herz: Mögen Sie die Plastikhüllen?

Siebert: Ich glaube, die mag kein Grafiker so richtig. Die CDs fallen schnell raus, die Hülle zerlegt sich. Von der Gestaltung her sind sie allerdings einfacher zu handhaben. Beim Digipack oder bei der Kartonbox muss man mit großen Bögen arbeiten, die Schrift steht dabei zum Teil auf dem Kopf. Das Ergebnis erschließt sich beim Gestaltungsprozess deshalb nicht auf den ersten Blick.

Die Titel der Argon-Editionsreihe, in der viele Klassiker erscheinen, gestalten Sie selbst. Wie finden Sie Ihre Ideen – und wie bringen Sie diese in Form?

Siebert: Ideen sammle ich immer bei einer Recherche in den einschlägigen Bilddatenbanken. Wichtig ist, ein etwas anderes Motiv, einen etwas anderen Zugang zum Thema zu finden – etwas, das den Leser dazu bringt, die CD in die Hand zu nehmen. Unser Cover für „Professor Unrat“ zum Beispiel zeigt bröckelnden Putz, der schemenhaft einen Männerkopf im Profil freilegt. Da guckt man gleich genauer hin. Auch für den CD-Rücken entwickle ich ein kleines Icon, damit der Titel im Regal zumindest ein bisschen aus dem Rahmen fällt. 

Wie wichtig ist gutes Design – gerade in Abgrenzung zum Downloadgeschäft?

Siebert: Unsere Erfahrung bei Argon ist, dass es zwei Typen von Hörern gibt – diejenigen, die Downloads kaufen und diejenigen, die lieber ein physisches Hörbuch in der Hand halten.  Das mischt sich nicht unbedingt. In jedem Fall gilt: Ein Hörbuch-Titel ohne attraktive Cover-Gestaltung wäre auch als Download schwer zu verkaufen. 

Reagieren Internetnutzer auf andere optische Reize?

Siebert: Die Reize funktionieren ähnlich, aber natürlich könnten und müssten Cover eigentlich für die Bildschirmdarstellung optimiert werden. Beispielsweise sind knallige Vierfarbcover im Internet eher schwierig. Und das Titelbild muss eben auch bei der kleinen Darstellung auf der Website noch ein Hingucker sein.

Müssten Sie eigentlich zwei Versionen entwickeln – eine für die Downloadportale und eine fürs stationäre Geschäft?

Siebert: Ich versuche mittlerweile schon, auf beide Welten zu achten, wenn ich ein Cover entwerfe.  Ein ganz spezielles Problem ergibt sich durch unser Logo: Das Downloadportal Audible macht die Vorgabe, dass alle Coverbilder quadratisch sein müssen – in der Regel haben Hörbücher aber ein leichtes Querformat. Das heißt, dass unser Argon-Logo bei Audible immer aussehen würde wie ein Ei, nicht wie ein Kreis. Speziell dafür mache ich inzwischen zwei Versionen.

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