Buchtage 2012

"Er schreibt Bücher, die uns wach machen"

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Was einen Förderer des Buches ausmacht: Frank Schirrmacher, Herausgeber der "F.A.Z.", ist heute auf der Hauptversammlung des Börsenvereins mit der Plakette des Börsenvereins ausgezeichnet worden.

"Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch?" Ein Franz-Kafka-Zitat stellte Vorsteher Gottfried Honnefelder an den Anfang der Ehrung: "In Büchern das freizulegen, was uns mit einem Faustschlag weckt und dann einen öffentlichen Diskurs auszulösen, der aufregt und zur Auseinandersetzung zwingt, das ist zu Schirrmachers Intention und Motivation geworden - und das hat ihn zu dem intellektuellen Kopf gemacht, dessen Stimme in der kulturellen und politischen Debatte nicht zu überhören ist."

 

Wie kaum ein anderer habe Schirrmacher in den vergangenen Jahren die Fragen aufgespürt, die ein öffentliches Nachdenken nötig machen, weil ihre Beantwortung sich nicht von selbst verstehe. "Und er hat sie zu Themen von Büchern gemacht, die nachhaltige Wirkung hatten und noch haben." In seinen Beiträgen zur kulturellen und politischen Debatte habe er sich nicht gescheut, zu provozieren und zu polarisieren. Ein Förderer des Buches, so Honnefelder, das sei einer, der nicht nur mit Büchern lebt und Bücher macht, sondern dem es gelinge, "Bücher zu dem zu machen, was wir dringender brauchen als manches andere: Bücher, die uns wach machen, dazu fähig, unsere Welt wahrzunehmen und uns eine eigene Meinung zu bilden".

Schirrmacher bedankte sich mit einem Lob an den Börsenverein: Der Verband setze nicht zuletzt mit dem Friedenspreis für Liao Yiwu politische und moralische Maßstäbe. "Viele, die ich kenne, sind durch die Friedenspreisübertragungen im Fernsehen sozialisiert worden". Einen großen Teil seiner Dankesrede widmete Schirrmacher dem Thema Urheberrecht. Auch Gegner des Urheberrechts würden Papier lieben - und die Tantiemen, die nach einer Veröffentlichung fließen würden. Ein Problem sei der öffentliche Druck, der über die Diskussionen auf Social-Media-Plattformen entstehe und an denen sich in der Regel nur eine sehr homogene Gruppe beteilige. Diese allerdings sei keineswegs repräsentativ für die ganze Gesellschaft. "Der Konsens zum Urheberrecht wird derzeit mit einer derartigen Geschwindkeit in Frage gestellt, wie ich es mir vor ein paar Jahren niemals hätte vorstellen können".

Beim Thema Digitalisierung stellte Schirrmacher, der selbst E-Books auf dem iPad liest, auch in Frage, ob man dem technologischen Determinismus der Geräte und ihrer Möglichkeiten immer folgen müsse. Abschreckendes Beispiel: Das Auto, dem man in den 60er Jahren Alleen und Innenstädte geopfert habe. Außerdem müsse sich die Gesellschaft grundsätzlich fragen, wie viel Machtakkumulation von Amazon, Google & Co. sie zulassen wollen - und wie sie damit umgehe.

Vor Frank Schirrmacher sind in den vergangenen Jahren Nobert Lammert, Petra Roth und Richard von Weizsäcker mit der Plakette "Dem Förderer des Buches" geehrt worden.