Kommentar zum Buchmesse-Gastland 2012

Die Nachbarn von down under

23. Juli 2015
von Börsenblatt
"Neuseeland ist kein Paradies und liegt auch nicht am Ende der Welt – sondern längst nebenan", meint Börsenblatt-Redakteurin Tamara Weise.

Auf einem Globus ist Neuseeland ganz leicht zu finden, nämlich gegenüber von Europa, hinter Australien rechts, kurz vor der Datumsgrenze im Pazifik. Im echten Leben wird die Suche schon etwas schwieriger. Das beginnt mit der Wahl der Flugroute: rechts herum oder doch besser links?      

Nach mehr als 30 Stunden im Flugzeug wirkt Neuseeland dann erst einmal genau so, wie es viele Reiseführer immer behaupten – wie ein Paradies am Ende der Welt. Einige Tage später kommt dem Besucher dann die klare Erkenntnis: Neuseeland ist sicher eines der schönsten Länder der Erde, aber kein Paradies. Und es liegt auch nicht am Ende der Welt – sondern eigentlich nebenan. Denn so sehr unterscheiden sich die Lebens- und Marktverhältnisse gar nicht von unseren.

Gewissermaßen als Nachbarn sollte man deshalb auch die Verlage und Autoren willkommen heißen, die im Oktober als Ehrengäste zur Frankfurter Buchmesse kommen. Beide wünschen sich nichts lieber, als von den großen Buchnationen in ihrer Eigenständigkeit ernst genommen und entdeckt zu werden. Und haben auch schon mehrmals bewiesen, dass sich das lohnt – etwa 1985, als Keri Hulme den Booker Prize mit nach Hause brachte, oder 2002, als der nach dem gleichnamigen Buch von Witi Ihimaera gedrehte Film "Whale Rider" unter großem Applaus weltweit in die Kinos kam.

Wer an Neuseeland denkt, dem kommen oft nur Fjorde und Maori-Kultur in den Sinn. Doch der literarische Mikrokosmos des Inselstaats ist bunt: Lyrik, Thriller, Chick-Lit, Fantasy-Literatur, Familienromane, Graphic Novels, Kochbücher, Sportlerbiografien – hier ist alles zu Hause. Last not least: Neuseeland mag einen Buchmarkt von überschaubarer Größe haben, unterschätzen sollte man ihn deshalb nicht. Denn ob Random House, Hachette oder Penguin: Nahezu alle internationalen Verlagsgruppen sind down under präsent – und das sicher nicht, um Geld zu verlieren.