Gastspiel

Brauchen wir Korrekturen?

26. Februar 2015
von Börsenblatt
Mit Thesen zum Urheberrecht meldet sich Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, in der Debatte zu Wort: Geltendes Recht muss endlich durchsetzbar werden. Aber die Branche sollte über die Praxis privater Nutzungen im Internet offener nachdenken.
Die Diskussion zum Urheberrecht und damit zum Schutz des geistigen Eigentums hat mit der emotionalen Stellungnahme des Musikers Sven Regener, über die breit berichtet wurde, eine Wendung erfahren. Die Glaubwürdigkeit schöpferisch Tätiger, die sich – wie letzte Woche namhafte Autoren in der "Zeit" – nun zu Wort melden, ist so hoch, dass die Diskussion sich versachlichen wird. Trotz Wahlerfolgen der Piraten wird deren bestürzende Inkompetenz und Faktenignoranz entlarvt. Wünschen kann man sich viel, wer aber die Antwort auf Umsetzbarkeit schuldig bleibt, zeigt sich mehr als Verführer denn als Visionär der Zukunft.

Mehr denn je müssen aber auch wir unsere Positionen zum Urheberrecht überdenken und ebenso unsere Kommunikationsstrategie. Dazu drei Thesen, die nur in ihrem Zusammenspiel den Weg zum Erfolg weisen:

1.  Unser Standpunkt bisher klingt fest: Das Urheberrecht ist gut so, wie es ist; es bedarf keiner Veränderungen. Jeder, der dagegen verstößt, muss verfolgbar sein. Das Recht muss in jedem Fall durchgesetzt werden. Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sind alle diese Positionen absolut richtig. Mit der Lebenswirklichkeit und den Gesetzen der Internetkommunikation haben sie allerdings immer weniger zu tun.

Es ist offensichtlich geworden, dass das Urheberrecht in bestimmten Bereichen vor allem der sozialen Kommunikation im Netz die Entfaltung von Kreativität eher behindert als fördert. Damit steht es dort auch der Verbreitung und Nutzung unserer Inhalte entgegen.

Wir als Branche müssen uns die Frage stellen, ob nicht gerade in dem genannten Bereich Korrekturen notwendig sind. Ich denke an den Literaturfan, der zwei Seiten aus einem Roman auf seine Facebook-Seite stellt, um den Text mit seiner Community zu diskutieren. Solange wir Fälle wie diesen für verfolgungswürdig halten, reden wir einem Urheberrecht das Wort, das die Urheber nicht nur schützt, sondern ihnen indirekt auch schadet. Auf der anderen Seite muss verdeutlicht werden, dass das Urheberrecht grundrechtlich geschützt ist. Es bildet nämlich die Existenzgrundlage derer, die ihre Arbeitskraft für eine immaterielle Leistung einsetzen und auf diese Weise wertvolle und stark nachgefragte Beiträge zur Entwicklung unserer Gesellschaft erbringen.

2.  Unsere Kommunikation zum Urheberrecht muss neu justiert werden. Bisher senden wir vorwiegend Verbotsbotschaften aus. Künftig sollten wir mehr über die Vorzüge eines starken Urheberrechts sprechen. Wir sollten der Öffentlichkeit darlegen, dass der Schutz des geistigen Eigentums die Voraussetzung überhaupt für die Entfaltung jeglicher Kultur ist und damit für ein vielfältiges und hochwertiges kulturelles Angebot, an dessen Qualität und Verbreitung die Verlage maßgeblichen Anteil haben. Dafür brauchen wir Verbündete, nämlich die Autoren, Künstler, Filmschaffenden, Musiker und anderen Kreativen. Sie wirken glaubwürdig, weil sie in ureigener Sache reden. Im rechten Moment haben sie nun begonnen, sich in die Debatte einzumischen. Wir sind gut beraten, sie darin wo nur möglich weiter zu unterstützen.

3.  Das Urheberrecht muss endlich durchsetzbar werden. Ohne diese dritte These hätten die beiden zuvor formulierten keinen Wert. Kein Gesetz wirkt, wenn nicht die Entschlossenheit einer Gesellschaft dahintersteht, dem Wertekonsens widersprechendes, rechtswidriges Handeln aufzuklären und am Ende notfalls auch mit Sanktionen zu belegen. Die Politik ist aufgefordert, Farbe zu bekennen und zu handeln. Konkrete Modelle etwa für Warnhinweise an Rechtsverletzer liegen lange vor. Es wird höchste Zeit, die Provider in die Verantwortung dafür zu nehmen, dass Rechtsverstöße nicht weiterhin ungeahndet möglich bleiben. Die bisherige Do-nothing-Strategie grenzt schon an unterlassener Hilfeleistung für die vielen Urheber, die zunehmend in Not geraten.