Neuseeland, Gastland der Frankfurter Buchmesse 2012

Words down under: Fünf Tage Literatur live

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Autoren genießen in Neuseeland großes Ansehen, sind für Leser aber meist unerreichbar: Lesungen in Buchhandlungen sind eher die Ausnahme als die Regel, und Literaturhäuser gibt es nicht. Damit beide dennoch zueinander finden, organisieren die größeren Städte sogenannte Writers & Readers Festivals, zu denen dann nicht selten Tausende Besucher kommen. boersenblatt.net  war dabei - bei "Words down under" in Auckland.

Die Buchbranche in Neuseeland hat schon bessere Zeiten erlebt. Der Markt schrumpfe, sagen Verleger - und wenn man sich in manchen Buchhandlungen umsieht, wird auch klar, was sie damit meinen. Bei Witcoulls zum Beispiel, das ist der größte Filialist des Landes, setzen Bücher in den Regalen mittlerweile Staub an - in den Buchabteilungen von The Warehouse, einer für das Buchgeschäft nicht gerade unwichtigen Supermarktkette, sieht es kaum besser aus.

Vorschnell zu urteilen, wäre allerdings ein Fehler. Denn die Medaille hat durchaus eine Kehrseite: Erstens gibt es Independents wie Unity Books (in Auckland, Wellington und zusammen mit The Womans Bookshop bei "Words Down Under", siehe Bild), wo sich Booklovers sichtlich wohlfühlen und Bücher nach wie vor auch gern stapelweise kaufen. Und zweitens haben sowohl die Bibliotheken als auch Literaturfeste reichlich Zulauf.

Für das fünf Tage dauernde Writers & Readers Festival in Auckland (9. bis 13. Mai 2012), das größte Fest dieser Art, wurden insgesamt 24.000 Ticktes verkauft - rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Dazu sollte man wissen: Diese Tickets gab es nicht zum Selbstkostenpreis. Wer an einer der 82 Sessions im AOETA Centre teilnehmen wollte, zahlte zwischen 25 und 40 Neuseelanddollar, was immerhin 15 bis 25 Euro entspricht (nur Frühbücher und Studenten zahlten etwas weniger).

Appropos "Sessions": Sie sind weniger monotone Lesung, als Performance (auf der Bühne) und Dialog (mit dem Publikum). Jede Veranstaltung dauert eine Stunde - die meiste Zeit wird geredet und gelacht. "In Neuseeland gibt es nur wenige Plätze, wo Autoren ihre Leser treffen und zugleich untereinander Ideen austauschen können", sagt Festivalleiterin Anne O'Brien (siehe Foto). Auckland sei dafür, allein aufgrund seiner Größe, besonders geeignet.

O'Brien und ihr Team haben, unterstützt von Verlagen und den Organisatoren des Literaturfestivals in Sydney (Australien), rund 120 Autoren nach Aucklands geholt. Darunter auch eine Reihe recht zugkräftiger Namen, obwohl sie zum  Festivalmotto an sich - Words down under - im Grunde kaum etwas beitragen konnten: weil sie aus Übersee anreisten. Jeffrey Eugenides gehörte zum Beispiel dazu, Roddy Doyle und Eoin Colfer. Und kein Zweifel: Sie waren die eigentlichen Zugpferde - sie sorgten für die nötige Aufmerksamkeit, auch über die Grenzen der Stadt (ca. 1,3 Millionen Einwohner) hinaus.  "Ohne sie ginge es wohl nicht", meint O´Brien. Die Resonanz des Publikums sei fantastisch.

Last not least: Von den Autoren aus dem eigenen Land waren nahezu alle vertreten, die derzeit bekannt sind, gern gelesen werden (auch während das Festival noch läuft; siehe Bild) - und auch im Ausland Erfolg haben. Die Kinder- und Jugendbuchautorin Kate De Goldi besprach mit Eoin Colfer und Emily Rodda, wie sich die  Fantasyliteratur und sich das Geschichtenerzählen (wahrscheinlich) verändert; Emily Perkins saß mit Jeffrey Eugenides auf dem Podium, um die Grundsatzfrage zu klären, ob das Romaneschreiben Zukunft hat (ja, hat es) - Witi Ihimaera ("Whalerider") war dabei, Fiona Kidman ("The Trouble with Fire"), Anthony McCarten ("Superhero"), Paula Morris ("Forbidden Cities"), Dylan Horrocks ("Hicksville") und und und...

Mehr über das Festival gibt es hier - Informationen zu den Autoren und ihren Büchern direkt beim Bookcouncil.