Kochbuch

"Wir haben viele Wiederholungstäter"

7. Mai 2012
von Börsenblatt
Best Publisher of the Year: Diesen Titel hat sich der Matthaes Verlag bei den jüngsten Gourmand World Cookbook Awards gesichert. Bruni Thiemeyer, Leiterin des Matthaes Buchverlags in Stuttgart, über Autorenpflege und den kulinarischen Fachbuchmarkt.

Ist die Auszeichnung eine besondere Ehre – oder für Matthaes ein Preis unter vielen?

Thiemeyer: Wir haben für unsere Kochbücher schon viele Preise bekommen - aber wir sind ja ein kleiner Verlag, der zudem noch auf Fachbücher für die Gastronomie spezialisiert ist. Da für das Gesamtprogramm ausgezeichnet zu werden und sich gegen die Konkurrenz aus aller Welt durchzusetzen, ist schon etwas Besonderes. Wir nutzen den Preis deshalb auch für eine neue Imagebroschüre.

Sie haben viele Profi-Köche unter Vertrag. Ist es schwer, die Klientel ans eigene Haus zu binden?

Thiemeyer: Nein, wer seine Autoren gut pflegt, dem laufen sie auch nicht weg. Wir haben viele Wiederholungstäter. Ich finde es etwas armselig, wenn sich Verlage mit Konkurrenzklauseln absichern und am Ende vor Gericht um ihre Autoren streiten. Andersrum wird ein Schuh daraus: Wenn unsere Autoren mal kein hochpreisiges Fachbuch machen möchten, sondern einen Publikumstitel für 19,95 Euro, dann überlegen wir gemeinsam mit ihnen, welcher Ratgeberverlag dafür in Frage kommt.

Die vegetarische Küche ist ein großes Thema im Publikumsmarkt. Wie ist das in der Gastronomie?

Thiemeyer: Ich denke schon, dass wir es im Moment mit einem sehr grundlegenden Wandel im Ernährungsverhalten der Menschen zu tun haben. Viele essen bewusster, ohne deshalb gleich streng vegetarisch zu leben. In der Spitzengastronomie ist der Trend noch nicht in dem Ausmaß angekommen. Die Leute möchten Edelprodukte auf dem Teller haben - keine Rübchen aus Mutters Garten, um es etwas überspitzt zu formulieren. Noch größer ist ja der Hype um die vegane Küche - aber daran glaube ich nicht. Denn die vielen Ersatzprodukte, die dafür notwendig sind, stehen in einem gewissen Widerspruch zur Sehnsucht nach Regionalität, nach der Ursprünglichkeit der Zutaten.

Die Zahl der freien Restaurants schrumpft, die Systemgastronomie wächst. Eine Entwicklung, die auf Matthaes durchschlägt?

Thiemeyer: Wer in der Systemgastronomie arbeitet, ist sicher nicht so offen für Weiterbildung am Herd, für kulinarische Trends. Aber unsere Zielgruppe ist ohnehin klein. Dafür leben wir von Profirezepten - und kostenlose Apps oder Online-Angebote sind für uns keinerlei Konkurrenz. Und wir reagieren auf die Entwicklung, in dem wir jetzt auch einen speziellen Ratgeber für Systemgastronomen herausbringen.

Warum gibt es von Matthaes noch keine Apps und keine E-Books? Sind Köche nicht digital unterwegs?

Thiemeyer: Die Matthaes-Titel funktionieren über Verknappung: Rezepte, die bei uns erscheinen, finden Sie nirgendwo anders. Das wollen wir nicht verwässern. Außerdem sind die digitalen Vorlaufkosten sehr hoch, die Erlöse noch niedrig. Eine elektronische Lizenz haben wir allerdings gerade verkauft: Der französische Verlag von Ducasse, dessen Bücher wir auf deutsch veröffentlicht haben, will ausgewählte Rezepte nun als mehrsprachige App publizieren - und hat von uns die digitalen Rechte an der Übersetzung erworben.

Gibt es ein Fachbuch, das Sie gern gemacht hätten - aber nicht bekommen haben?

Thiemeyer: Sagen wir so: Das Kompendium »Modernist Cuisine«, das im Herbst bei Taschen erschienen ist, hätte eigentlich bei uns erscheinen müssen. Wir haben auch rechtzeitig davon gewusst - aber ganz ehrlich: Ich hatte Sorge, dass wir uns mit einem solchen Mammutprojekt übernehmen.

Welche Chancen haben Ihre Fachbücher im Buchhandel?

Thiemeyer: Das ist ein schwieriges Thema. Im Moment nehmen die Heel-Vertreter unsere Bücher Huckepack. In den Regalen sind die Titel in der Regel nicht präsent. Dabei gäbe es hier durchaus Potenzial für den Buchhandel - mit Firmenkunden-Veranstaltungen für die Gastronomie oder Thementischen für »Foodies«, also für Hobbyköche.

Ihr Frühjahrstitel »Quay« von Peter Gilmore kommt sehr aufwendig gestaltet daher - mit unterschiedlichen Papiersorten, transparenten Seiten, sehr atmosphärischer Foodfotografie. Müssen auch Fachbücher heute Emotionen und nicht nur Informationen vermitteln?

Thiemeyer: »Quay« ist sicher ein Ausnahmetitel. Wir haben das Werk als Lizenz von Murdoch Books gekauft - einfach deshalb, weil es ein sehr schönes, sehr ästhetisches Buch ist. Mit so einem Buch haben wir natürlich nicht nur die Fachwelt, sondern auch die »Foodies« im Blick.

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