Börsenverein

"Die Aufgaben werden nicht weniger"

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Jörg Platiel, Geschäftsführer des R.Oldenbourg Verlags, steht künftig an der Spitze des Landesverbands Bayern. Der frisch gewählte Vorsitzende über seinen "Gang in die Bütt" und die Literaturstadt München.

Es heißt, dass Ihre Vorgänger mit sanftem Zwang überredet wurden, das Amt des Vorsitzenden zu übernehmen. War das bei Ihnen ähnlich?

Platiel: Was an mir angewandt wurde, fällt nicht direkt unter die Genfer Menschenrechtskonvention, aber ein bisschen nachhaltig musste ich schon gebeten werden. Es ist eben nicht leicht, einen Verlag gut zu leiten und ebenso gute Verbandsarbeit zu leisten. Ich bin aber überzeugt davon, dass die Verbandsarbeit für uns in Bayern lebenswichtig ist. Mein Unternehmen hat lange davon profitiert, dass andere sich ehrenamtlich engagiert haben. Jetzt bin ich an der Reihe in die Bütt zu gehen. Deswegen engagiere ich mich jetzt auch ganz bewusst.

Der Bayerische Landesverband ist eine starke Organisation. Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit dem Bundesverband vor?

Platiel: Sie sagen es ja, Bayern ist ein besonderer Verband – das ist mit ein Grund, warum ich mich engagiere. Die Zusammenarbeit mit Frankfurt stellen wir uns äußerst kooperativ vor. Der Bundesverband hat seine zentralen Aufgaben und die Landesverbände wirken mehr in die regionale Breite. Man darf eines nicht vergessen: In einem föderalen Land wie Deutschland gibt es verschiedene Kulturhoheiten und genau hier haben die Landesverbände das Wissen und die Kompetenz zu agieren. Bundes- und Landesverband ergänzen sich so ausgezeichnet.

Der scheidende Vorsitzende Wolf Dieter Eggert hat es in seinem Bericht angesprochen: Das Münchner Literaturfest findet er verbesserungswürdig und bei der "Corine" gibt es jetzt eine einjährige Denkpause. Wie stehen Sie dazu?

Platiel: Literaturförderung vor Ort ist sicher ein richtiger Ansatz. München ist nun einmal eine große Verlagsstadt und dass genau hier Literaturfestivals geplant und durchgeführt werden, liegt auf der Hand. Die "Corine" ist eine spannende Sache und wir sind überzeugt davon, dass sie eine Zukunft haben wird. Wir müssen allerdings das Konzept überdenken. Wir wollen mit Verlegern und Buchhändlern darüber reden, wie man die "Corine" neu aufstellen kann.

Es gibt auch Stimmen, die den "Geschwister-Scholl-Preis" in das Münchner "Literaturfest" eingliedern wollen.

Platiel: Eines steht außer Zweifel: Der "Geschwister-Scholl-Preis" ist eine ganz besondere Marke. Sie darf auf keinen Fall unter die Räder kommen, aber das will ja auch niemand. Wenn man allerdings bedenkt, welche wichtigen und interessanten Autoren mit dem "Geschwister-Scholl-Preis" und der "Corine" verbunden sind, dann bleibt die Frage, wie man diese Autoren einem größeren Publikum zuführen könnte. 

Dass die Buchbranche sich im Wandel befindet, wird keiner bestreiten. Sie haben in Ihrer Antrittsrede den Satz gesagt: "Die Aufgaben sind gegeben, wir müssen sie erledigen." Kann man das noch etwas konkretisieren?

Platiel: Für mich haben die Rahmenbedingungen für die Branche Priorität: Urheberrecht, Preisbindung, reduzierter Mehrwertsteuersatz und damit die Vielfalt der Buchhandelslandschaft. Die Aufgaben werden nicht weniger, nehmen Sie konkret das wachsende E-Book-Geschäft oder auch die attraktive Gestaltung von Internet-Auftritten für Buchhandlungen wie für Verlage. Diese Themenfelder decken wir nicht zuletzt mit unseren Fortbildungsseminaren ab. 

Eine große Rolle spielt auch der Erhalt des Urheberrechts. Müssen Bundesverband und Landesverbände da besonders stark an einem Seil ziehen?

Platiel: Ohne Zweifel ist das ein Thema, das wir als Gesamtverband stemmen müssen. Das heißt: Auch wir hier im Landesverband Bayern müssen direkt mit den Landesbehörden Staatskanzlei oder dem Kultusministerium reden. Man muss hier sowohl bei der Bundesregierung intervenieren als auch auf Länderebene agieren. 

Für Sie ist der stationäre Buchhandel ein notwendiges, flächendeckendes Versorgungssystem. Wie kann der Landesverband dabei helfen, dass es erhalten bleibt?

Platiel: Man muss vor allem die mittleren und kleineren Buchhandlungen mit richtigen Maßnahmen unterstützen. Da gibt es vom Landesverband zahlreiche Initiativen, die man nicht herunterfahren, sondern erweitern sollte.  

Gibt es ein persönliches Anliegen, dass Sie in den nächsten drei Jahren als Vorsitzender des Bayerischen Landesverbandes voranbringen wollen? 

Platiel: Als Germanist und Literaturwissenschaftler möchte ich mich natürlich auch für die Literaturstadt München einsetzen. Die aktuellen Diskussionen um die Festivals finde ich sehr spannend. München als Literaturstadt ist mir ehrlich gesagt noch viel zu wenig lebendig.