Jahreshauptversammlung des Börsenvereins Region Nord

"Wir stehen unter keinerlei finanziellem Druck"

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Informationssonntage, um Buchhändlern die Hemmschwelle für Websites zu nehmen, die Selbstständigkeit des Landesverbands und die Leseförderung - das waren die großen Themen der 67. Jahreshauptversammlung des Börsenvereins Region Nord, die heute im Hamburger Schulmuseum tagte.

Ob es künftig selbstständige Landesverbände gebe, hänge nicht zuletzt von der Zufriedenheit der Mitglieder ab, sagte Vorsitzender Michael Hechinger. "Einer Befragung zufolge sind die Mitglieder mit den individuellen Dienstleistungen sehr zufrieden", allerdings sei der Verband in der Öffentlichkeit weniger vertreten, so Hechinger. Dem versucht der Vorstand auch über die einzelnen Mitglieder entgegenzuwirken. "Der Verband steht unter keinerlei finanziellem Druck - wir haben eine solide Basis und können uns völlig frei und ohne Zeitdruck entsprechende Gedanken über eine mögliche Fusion oder die Bewahrung der Selbstständigkeit machen." Die Mitgliederzahl ist Schatzmeisterin Elisabeth Hardeland zufolge leicht rückläufig: 444 (2011: 447) insgesamt, Hamburg: 176 (2011: 177), Schleswig-Holstein: 204 (2011: 203) und Mecklenburg-Vorpommern: 61 (2011: 64).

Mehr als 60 Prozent von 267 untersuchten Buchhandlungen des Landesverbands haben keine auffindbare Internetseite, teilte Geschäftsführer Michael Menard mit und warb für Informationssonntage für Sortimenter - mit professionellen Beratern, Barsortimentern und mit Online-Shops vertrauten Buchhändlern. Es gebe im buchhändlerischen, stressigen Arbeitsalltag häufig eine mentale Hemmschwelle, sich damit auseinanderzusetzen. Rund 7.000 Euro wurden dafür veranschlagt. Joachim Kaufmann (Carlsen) regte an, einen Teil des Geldes für gut aufbereitete Informationsmaterialien in schriftlicher Form zu verwenden - sowohl für die Werbung vorher als auch für eine Nachbereitung nach den Sonntagen. Manfred Keiper (die andere buchhandlung, Rostock) forderte, die 30 verschiedenen Software-Lösungen einmal synoptisch nebeneinander zu stellen: "Das erleichtert die Entscheidung der Buchhändler - und sie müssen sich diesem Thema unbedingt widmen."

Buchhändler berichteten auf der Hauptversammlung allerdings auch, wie sehr sie sich für ihren Online-Shop angestrengt hätten - und nach zwei Jahren wieder eingestellt, weil sie kaum Buchbestellungen gebracht hätten. "Die Leute landen einfach zu schnell bei Amazon.“ "Und wir sollen kampflos das Feld überlassen?", entgegnete Buchhändlerin Andrea Nunne (Bücher & Co., Hamburg-Winterhude), die durchaus Onlineumsätze verzeichnet. In vielen Fällen sei der  Online-Kampf gegen Amazon, als würde man Klitschko gegen den Bauch boxen, so ein Sortimenter. Michael Menard nannte hingegen Beispiele, in denen Buchhändler viele Online-Bestellungen verzeichnet haben.

Vertreter Florian Andrews suchte für die Vertreterbörse in Hamburg nach neuen Räumlichkeiten für eine wachsende Gruppe von Vertretern, die eine sehr starke Nachfrage haben, auch wenn bei anderen Rückgänge zu verzeichnen wären.

Thomas Gruß (Hanseatische Gesellschaft für Verlagsservice und Mitglied des Börsenverein-Bundesvorstands) bat die Mitglieder, sich auch im Internet an Diskussionen zu Branchenthemen wie Urheberrecht und Preisbindung zu beteiligen: "Unsere Themen sind komplex, und es ist ungemein wichtig, dass sich in den Netzdiskussionen und in den Blogs auch Fachleute zu Wort melden, die von der Materie etwas verstehen."

Landesverbandsvorsitzender Michael Hechinger bedankte sich unter großem Applaus bei Susanne Gruß, die seit 1995 Vorsitzende des Arbeitgeberverbands und der Tarifkommission gewesen ist. Ihr 17 Jahre währendes Engagement für die Branche sei ein wichtiger Beitrag für die Branche gewesen. Nach 39 Berufsjahren (u. a. bei Boysen & Maasch) hört Gruß Ende des Monats als Geschäftsführerin bei Thalia auf.