Wie geht Innovation? Die Geburt eines Prototypen.

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Erste Menschen sprinten mit ihren Markern zu den im Raum verteilten Flipp-Charts, andere blicken fragend in die Gesichter ihrer Kollegen – was tun? Welche Idee schreibe ich jetzt hin, bevor alle Tafeln voll sind, fragt sich Nicolai Eckerlein.

Zwei Ideen schaffen es durch die Endkontrolle, eine visionäre und eine pragmatische. In der Ecke steht noch eine Tafel. „eBook-Mastercopys als zentrale Ressource verwerten – Marktforschung, Texte vergleichen, Wissensbasis“ erscheint mir tatsächlich prägnant formuliert. Nach der ersten Bitte um Erklärung trainiere ich eine entscheidende Kernkompetenz: verständlich formulieren. Im Strom der Anregungen werden die Ideen gedreht und gewendet, wie ein Dönerspieß: Vielleicht geht das ja auch mit Bibliotheken? Oder mit einem Händler? Buyout an einen Onlinevertrieb? Endlich mal wieder mit "Digitalern" diskutieren, da bricht sich ein ganzer Schwall sonst zurückgehaltener Themen Bahn. Die Lunchspeech katapultiert mich aus aus der Face-to-face-Welt zurück in den Frontalunterricht – am Buffet noch schnell das Geschäftsmodell „Wissenskantine“ entwickelt, die Innovationsquelle sprudelt jetzt.  

Dann geht’s ans erste Voting und ich muss mich entscheiden, welche von meinen beiden Ideen ich hoste. Aber was passiert dann mit meiner zweiten? Gott sei Dank, ich kann eine Kollegin als Host für die Idee gewinnen. Und auf drei zücken wir alle unsere Klebepunkte. 

Am Ende die klare Entscheidung der Crowd: Die visionäre Idee ist kläglich gescheitert, das pragmatische Projekt eBook-Support-Plattform findet sechs Unterstützer. 

Nächste Aufgabe: In 100 Minuten zur perfekten Präsentation. Starten wir mit möglichen Problemen beim Thema Support oder lieber mit der Rundumsorglospaket-Metapher? Wie verpackt man die technische Rundumlösung sexy? Wie inszeniert man die Erotik des Unfertigen? Wir trauen uns, die Probleme anzusprechen! Moderationskarte für Moderationskarte füllt sich… „Open Books App“, „Cloudbooks“, „eQ“ und dann bin ich auch schon dran. 

Am zweiten Tag werden die Prototypen mit Leben gefüllt, inklusive Meilensteine und Maßnahmenplan für das nächste halbe Jahr. Wir haben beim Pitch einiges versprochen: Ein Wiki, Konzeptpapier, Bedarfsanalyse, Webinare. Womit fangen wir nur an? Wir stricken produktiv an unseren Use Cases mit der Kernfrage: Wie sehen eigentlich konkrete Support-Fragen in den Bereichen Buchhandel, Verlag, digitale Händler aus? Dank unserer Buchhändlerin an Bord bekommen wir ein plastisches Bild der Fragen, die unsere Endkunden zum Thema eBook stellen. In den Bereichen Redaktion, technisches Wissen, Recherchefähigkeit, Multiplikatoren und Supporterfahrung sind wir im Team gut aufgestellt. Wie es sich für echte Nerds gehört, kommt in der Mittagspause dann der Pizzalieferservice. Fehlt nur noch Club Mate und eine Runde Starcraft im Netzwerk. Unser Meilensteinplan steht. 

Nicolai Eckerlein, ist nach einem Jahr beim eBook-Startup textunes als Hersteller Teil der Unit „Digitaler Content“ beim Carlsen Verlag. Für die Jungen Verlagsmenschen ist er u.a. regelmäßig als Messereporter unterwegs. Bei protoTYPE arbeitet Nicolai Eckerlein mit seiner Gruppe an der Geschäftsidee „Support für E-Books“.