Offener Brief von Lorenz Borsche

Testballon mit Schweizer E-Books

13. März 2012
von Börsenblatt
In einem offenen Brief an die Verlage berichtet eBuch-Vorstand Lorenz Borsche von Download-Erfahrungen in der Schweiz: Er habe heute ein E-Book bei Migros / Ex Libris erstanden - sieben Prozent unter Preis und von seinem Bürostuhl in Heidelberg aus.

Wörtlich heißt es in Borsches Brief: "Die sieben Prozent mögen derzeit nur dem Wechselkurs geschuldet sein (alle E-Books sind bei Migros / Ex Libris umgerechnet ca. sieben Prozent billiger als in den Katalogen hier), aber wer hindert Herrn Bolliger daran, mehr Rabatt auszureichen, jetzt wo er das juristisch auf jeden Fall darf? Nur um die Deutschen zu ärgern und Ex Libris als Billiganbieter zu positionieren?".

Das Download-Prozedere sei einfach gewesen, schreibt Borsche: "Da ich meine Post-Adresse (für die Rechnung) angeben sollte, bin ich jetzt unter "CH-6912 Pozzala" gelistet, denn ich konnte als Land nur Schweiz auswählen. Da gibt es zwar meine Straße nicht, aber was soll's. Bezahlt habe ich mit einer Prepaid-Kreditkarte."

Borsches Befürchtung: "Der Fall der Schweizer Preisbindung wird sich als genau die Katastrophe für die Buchkultur herausschälen, wie das einige Unkenrufer schon auf der Frankfurter Buchmesse prophezeit haben".

Christian Russ, Preisbindungstreuhänder der Verlage, betont in einer Stellungnahme, dass die Preisbindung in der Schweiz schon seit 2007 nicht mehr gelte - und E-Books dort ohnehin nie preisgebunden gewesen seien. Jedermann mit Sitz in der Schweiz könne ein E-Book von einem Schweizer Händler zu dessen (freiem) Preis kaufen. Anders bei der Lieferung nach Deutschland: "Von der Schweiz aus dürfen E-Books nach Deutschland nur zum hier gebundenen Ladenpreis verkauft werden."

Gegen kriminelle Handlungen freilich schütze das Buchpreisbindungsgesetz nicht - und letztlich sei die Vortäuschung eines Sitzes in der Schweiz nichts anderes. "Bekanntlich können E-Books auf den einschlägigen Raubkopie-Seiten im Internet gänzlich ohne Ladenpreis besorgt werden, sofern man die nötige kriminelle Energie dazu hat". Nichtsdestotrotz sei die Preisbindung von E-Books "ein auch grenzüberschreitendes Thema, das wir im Auge haben müssen", so Russ. Sollte sich zeigen, dass E-Books in größerem Umfang außerhalb der Schweiz nach Deutschland geliefert werden, "dann gehen wir dagegen vor, wie wir das bei jedem anderen Preisbindungsverstoß auch tun".